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Reußenburg bei Hammelburg

... oft belagert, doch nie erobert!

Im Sperrgebiet des Truppenübungsplatzes Hammelburg liegt eine der eindrucksvollsten Burgen der Rhön. Bisher ging man von einer kleinen Befestigung aus, die sich aber bei näherer Betrachtung als mächtiges Bollwerk darstellt. Eigentümlich in Form und Charakter ist sie eine der wenigen typischen Höhenburgen der Rhön, die über die Jahrhunderte hinweg ihren ursprünglichen Grundriss bewahrt hat.

Taktisch gesehen, lag die Burg äußerst günstig auf einem gleichmäßig nach allen Seiten hin abfallenden Basaltkegel und man hat von ihr aus Blickkontakt zur Trimburg, Homburg und der ehemaligen Burg Kiliansstein auf dem Sodenberg.

Reussenburg
Hauptburg mit Donjon

Schon im Vorfeld der eigentlichen Anlage bemerkt man auffällige Erdbewegungen die nur von Menschenhand geschaffen sein können und darauf hindeuten, dass es sich um die Reste einer Vorburg handeln muss. Gleichzeitig bekommt man auch einen Eindruck über die wahren Ausmaße der Befestigung. Bei einem Doppelhügel, der sich an der Nordseite der Anlage befindet, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein Tor gehandelt haben könnte. Weiterhin bemerkt man gleichmäßig verlaufende Erdwälle in südlicher Richtung, die schließlich in eine Mauer übergehen und sich geschwungen in südöstlicher Richtung auf die Hauptburg zu bewegen. Allerdings liegen die Mauerreste oftmals im dichtbewaldeten Unterholz und nur der Sachkundige vermag einen Eindruck von der ursprünglichen Größe und Mächtigkeit dieser äußeren Befestigung zu gewinnen. Dass sich im Bereich der Vorburg auch feste Gebäude befunden haben, beweisen Mauerreste und eingestürzte Gewölbekeller, die sich an der südwestlichen Seite befinden. Auch diese sind nahezu vollständig überwuchert.

Reussenburg
Burgweg mit Wällen

Vom Bereich der Vorburg aus genießt man auch einen guten Blick auf die Hauptburg, die sich - geschützt von außergewöhnlich mächtigen Wällen - auf einem steilen Basaltkegel erhebt. Über den ursprünglichen Burgweg gelangt man dann auch in die eigentliche Anlage. Völlig einzigartig ist die Art und Weise des äußeren Befestigungsrings der Burg. Der Burgwall ist nämlich nach innen hin mit einer Mauer, die in weiten Teilen noch recht gut erhalten ist, abgeschlossen. Somit diente der eigentliche Burggraben gleichzeitig als Burghof und Zwinger, in dem sich auch Wirtschaftsgebäude befunden haben könnten. Da es sich in der Regel beim äußeren Wall mit Burggraben um eine passive Verteidigungsanlage handelt, muss in diesem Fall eindeutig davon abgewichen werden, denn der Wall ist auf seiner Krone so breit, dass genügend Platz zur Verteidigung vorhanden war. Unterstützt wird diese Vermutung auch dadurch, dass sich auf der östlichen Seite des Walls Grundmauern eines Turms befinden. Somit kann man daraus schließen, dass die gesamte äußere Anlage in den aktiven Bereich mit einbezogen war. Es ist auch anzunehmen, dass die Wallkrone ursprünglich mit Palisaden bewehrt war, denn auf der Außenseite des Walls erkennt man des öfteren wallähnliche Erhebungen. Ein für die damalige Zeit typisches und durchaus gebräuchliches Verteidigungsmittel.

Begibt man sich in Richtung Hauptburg, die sich auf einem nach allen Seiten hin steil abfallenden Felsen befindet, fallen einem zunächst einige Ungereimtheiten auf. Zwar erreicht man heutzutage die Hauptburg über eine Treppe, doch erkennt man keinerlei Reste, die darauf hin deuten, dass sich an ihrer Stelle einmal eine Zufahrt befunden haben könnte. Zudem ist es auf Grund der beengten Verhältnisse im Zwinger völlig unwahrscheinlich, dass sich dort überhaupt eine Zufahrt befand. Sie wäre auch viel zu steil gewesen, um sie mit einem Fuhrwerk bewältigen zu können. Wenn man dann im Gegensatz dazu das mächtige Tor betrachtet, erscheint es durchaus möglich, dass die noch heute sichtbaren Gebäudeteile mit den Ursprünglichen nicht mehr viel zu tun haben, was sich bei näherer Betrachtung auch als richtig heraus stellt. An den Außenmauern der Burg erkennt man in weiten Teilen nachträglich ergänzte Fragmente, die auf ausgedehnte Renovierungsarbeiten schließen lassen. Auch scheint man ganze Mauern und Teilbereiche nachträglich erstellt zu haben. Allerdings haben diese Maßnahmen dem Erscheinungsbild der Ruine keinen Abbruch getan.

Die Hauptburg bildet im Grundriss ein unregelmäßiges Viereck, dass an der Nord-Ost- und Süd-West-Seite zusätzlich bewehrt ist. Die Ausmaße betagen etwa 40 x 14 m, wobei sich an der Westseite ein Donjon befindet, der heute noch über 12 m empor ragt. Dem Donjon gegenüber - getrennt durch einen kleinen Hof - befand sich ein weiteres Gebäude.

Die heutzutage noch recht trutzig wirkende Feste besitzt mit dem Donjon ein herausragendes architektonisches Merkmal mittelalterlicher Befestigungskunst, das in der Rhön nicht sehr oft anzutreffen ist. Der Wohnturm mit einer Grundfläche von ca. 13 x 14 m, der heute noch einen herrlichen Rundblick gewährt, wurde lange Zeit als Beobachtungsposten für vorgeschobene Beobachter verwendet und ist seit einiger Zeit mit einer überdachten Aussichtsplattform gekrönt. Im Grunde genommen hat der Donjon seinen ursprünglichen angedachten Verwendungszweck bis in heutige Zeit erfüllt.

Insgesamt betrachtet weist die Burg viele Parallelen zu der in der Thüringischen Rhön gelegenen Symbol: Interner LinkHutsburg auf, die nicht nur in etwa den gleichen Grundriss besitzt, sondern auch vom Charakter her nahezu identisch ist.


Reussenburg











Geschichtliches

Erstmals trat die Burg um 1333 in Erscheinung, nach dem die Thüngenschen Herren Andreas, Albrecht, Lutz und Dietz die Genehmigung des Bischofs Wolfram von Würzburg und der Grafen von Henneberg erheilten, auf dem "Eichelberg bei dem Dorfe Holderich" (Höllrich) eine Burg zu bauen. Bereits am 17.05.1333 schlossen die Thüngenschen Herren untereinander einen sogenannten Ganerbenvertrag ab. Das hieß, dass alle o. g. Herren ihren Sitz in der Burg hatten und sie diese auch gemeinsam nutzten.

Nun glaubte das Hochstift Würzburg in den von Thüngen getreue Vasallen gefunden zu haben. Vor allem gegen die Henneberger, mit denen sich das Hochstift zu dieser Zeit zwar im Friedenszustand befand, hoffte man einen verlässlichen Verbündeten gefunden zu haben. Jedoch sollte sich nach kurzer Zeit schon alles anders darstellen. Man weigerte sich die Burg in Notfällen dem Bischof zur Verfügung zu stellen, so wie es 1333 vertraglich vereinbart wurde und nutzte die damalige Rechtsunsicherheit zur "Beunruhigung der Untertanen durch Kontribution, Brand, Mord und Gefängnis" aus. Den überlieferten Berichten zu Folge haben die von Thüngen die umliegende Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Offensichtlich waren die Zustände nicht mehr erträglich und Bischof Gerhard von Schwarzenberg entschloss sich 1386 die Burg zu belagern - allerdings erfolglos. Nach kurzer Zeit belagerte man den Reußenberg erneut, aber man musste wieder unverrichteter Dinge abziehen.

Darauf hin wurden die von Thüngen des Landfriedensbruchs bezichtigt und der Bischof schaffte sogar, dass an Dietz von Thüngen die Exekution durchgeführt werden konnte - sollte man seiner habhaft werden. Erzbischof Konrad von Mainz erreichte am 02.04.1393 allerdings eine gütliche Einigung zwischen den verfeindeten Parteien. Die Thüngen mussten dafür aber ihre Burg Kilianstein auf dem Sodenberg für 200 Gulden abtreten, nachdem sie am 05.03.1393 erobert wurde und geloben, den 1333 geschlossenen Vertrag in Zukunft einzuhalten. In Anbetracht des bisherigen Verlaufs erscheint dies natürlich abwegig und natürlich sahen die von Thüngen keinen Grund, ihr bisher an den Tag gelegtes Verhalten zu ändern. Es kam sogar noch schlimmer. Im Hoheitsgebiet des Bischofs wurden geistliche und weltliche Untertanen gefangen genommen und erpresst. Es hieß auch, dass alle Verbrecher des Landes zu den Thüngen kämen und dort Unterschlupf fänden.

Doch für eine kurze Zeit schienen alle Streitigkeiten mit dem Hochstift Würzburg aus dem Weg geräumt. Bei dem Vorhaben des Bischofs die Stadt Meiningen einzunehmen, kamen ihm die von Thüngen überraschend zu Hilfe und erhielten nach getaner Arbeit aus Dankbarkeit die Urkunde von 1333, in der sie versprachen den Würzburger Bischöfen die Burg offen zu halten, zurück. Jedoch änderte sich nach wie vor nichts an der Thüngenschen Auffassung zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Ärger denn je drangsalierten sie die Bevölkerung, bis die Angelegenheit vor den Kaiser kam. Dieser wiederum erließ ein Gerichtsurteil, nach dem der Bischof von Würzburg befugt war alle wehrfähigen Männer zusammenzuziehen. Am 16.08.1438 trafen in Hassfurt die wehrfähigen Männer des Hochstifts "wohlgerüstet mit Büchsen, Armbrüsten und anderen Waffen sowie Belagerungsgerät" zusammen. Bereits am 27.08. erschien man mit 3000 Mann Fußvolk und 1000 Mann Reiterei vor der Reußenburg und belagerte sie.

Schon am 28. versuchte man die Burg zu stürmen. Angeblich wurden bei diesem Angriff beide Kemenaten zerstört, was allerdings unwahrscheinlich klingt. Denn der Angriff wurde zurück geschlagen. Es handelte sich vermutlich um Gebäudeteile der Vorburg. Auf beiden Seiten hatte es große Verluste gegeben. So fanden neben unzähligen Knechten auch die Ritter Kunz von Thüngen und Albrecht von Truchseß den Tod. Nach weiteren 5 Tagen brach der Bischof die Belagerung ab und zog sich zurück. Angeblich war die Pest unter den Söldnern des Bischofs ausgebrochen und man sagte, dass wenn die Belagerung auch nur einen Tag länger gedauert hätte, die Burg gefallen wäre. Die dem Bischof verpflichteten Ritter und Söldner ließen sich sogar noch auf dem Schlachtfeld ihre Dienste bezahlen.

Am 27.11.1439 soll die Fehde ihr vorläufiges Ende gefunden haben, was aber für die von Thüngen offensichtlich ohne große Bedeutung war, denn sie beteiligten sich auch in Folge an Raubzügen, töteten dabei sogar ein Mitglied des Fuldaer Domkapitels und "kaperten" bei Gemünden sogar zwei Schiffe des Bischofs von Bamberg. Daraufhin wurde die Burg nun von den Fuldaern angegriffen und die Vorburg sowie der Gutshof verwüstet. Es kam sogar so weit, dass man gegen die von Thüngen die Reichsacht verhängte.

Die folgenden Jahre müssen ruhiger verlaufen sein, denn das Schrifttum schweigt sich darüber aus und erst zu Beginn des Bauernkriegs hört man wieder von der Burg. Sie dürfte bis dahin schon aufgelassen worden sein, denn am 22.05.1523 wurde ein Teil der Burg vom Schwäbischen Bund zerstört. Am 29.05.1525 stürmten die aufständischen Bauern die Burg erneut und vernichteten sie völlig. Aber wie die meisten Burgen, war die Reußenburg wahrscheinlich nur noch mit Burgmännern besetzt, die für die Verwaltung zuständig waren. Eine Gegenwehr hatte vermutlich nicht stattgefunden. Ihre militärische und herrschaftliche Bedeutung hatte sie, wie alle anderen Burgen der Umgebung auch, längst verloren. Dass die Befestigung nicht wieder aufgebaut wurde, ist nur die Folge ihres überkommenen Daseins gewesen, denn trotz alledem verursachte sie ja laufende Kosten.

Dem aufmerksamen Leser dürfte auch nicht entgangen sein, dass dieser kurze geschichtliche Abriss, der sich hauptsächlich auf heute noch zugängliche Quellen stützt, recht einseitig ist und nur die damaligen Verhältnisse in einer von Rechtsunsicherheit geprägten Zeit widerspiegelt. Sicherlich ist das ausgeprägte Fehdewesen nicht nur den von Thüngen anzulasten. Jedoch ist das überlieferte Material fast ausschließlich aus Beständen des Hochstifts, was der o.g. Sachverhalt auch recht deutlich zeigt.

An dieser Stelle ergeht auch recht herzlicher Dank an die Truppenübungsplatzkommandantur Hammelburg, ohne deren Mitwirken dieser Artikel nicht zustande gekommen wäre.

Da sich die Reußenburg im Sperrgebiet des Truppenübungsplatzes Hammelburg befindet, ist der Zutritt strengstens verboten.

Sollte - wie am Tag des offenen Denkmals - die Anlage für die Öffentlichkeit zugänglich sein, wird dies rechtzeitig in den Medien bekannt gegeben!



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