die Rhön
entdecken Sie die Rhön online
|1.1  Startseite |1.2  Sitemap |1.3  Suche |1.4  Kontakt |1.5  Impressum |1.6  Datenschutz |1.7  A-Z |  
 Startseite > Rhoenline > Geschichte(n) > Musikleben in Fulda im 18. und 19. Jahrhundert > Musikleben in Fulda im 18. und 19. Jahrhundert - Teil IV >

Anzeigen
Peterchens Mondfahrt Wasserkuppe

Das Musikleben in Fulda nach 1870

1871 entstand die "Fuldaer Stadtkapelle" unter Leitung von Georg Simon, die aus Streichern und Bläsern bestand und bei zahlreichen örtlichen Veranstaltungen auftrat, z.B. bei den sommerlichen Garten- und "Promenaden-Konzerten", deren Kosten aus Sammlungen gedeckt wurden. Natürlich war die Stadtkapelle auch bei Tanzmusik-Veranstaltungen wie Kirmes oder Fastnacht aktiv. Nach Georg Simons Tod 1890 wurde die Stadtkapelle von Ernst Wienecke und später von Johann Neurath geleitet. Die Stadtkapelle war vor allem in der garnisonslosen Zeit Fuldas - zwischen 1871 und 1891 - viel beschäftigt. Nach 1891 wurden in Fulda wieder stärker die Militärkapellen bevorzugt, was den einheimischen Musikanten große finanzielle Einbußen einbrachte.

Seit 1871 gab es in Fulda auch einen Orchesterverein, der sich aus Fuldaer Musikern und ehemaligen Militärmusikern zusammensetzte. Die Leitung hatte 10 Jahre Jahre lang der Gutsbesitzer Karl Souchay aus Künzell. Souchay war in Frankfurt in Gesang und Direktion ausgebildet worden und war ein vortrefflicher Musiker und Musiklehrer. Auch seine Frau trat mit ihrem Mezzosopran häufig in Konzerten auf. Die Programme umfassten Werke der Klassik und Romantik. Das Konzert am 8. Dezember 1871 hatte z.B. folgende Titel im Programm: die Ouvertüre "Don Juan" von Mozart, die Londoner Sinfonie von Haydn, die Violinsonate Nr. 5 von Beethoven, ein Duett von Mendelssohn und die Variationen für Clarinette von Hübner.- Das Konzert am 31. Januar 1872 brachte die Fuldaer Erstaufführung der 2. Sinfonie von Beethoven. In diesem Jahr fanden zwei weitere Konzerte statt, u.a. mit Liedern des in Fulda geborenen Komponisten Wilhelm Hill. 1873 folgte die Fuldaer Erstaufführung von Beethovens 8. Sinfonie.

Der Orchesterverein schloss sich 1875 mit der damals neu gegründeten "Museums-Gesellschaft" zusammen, die in Anlehnung an den früheren "Musenverein" entstanden war. Das Orchester stand ebenfalls unter Souchays Leitung und wurde "Museums-Orchester" genannt. Zur ersten Hauptversammlung des "Museums" wurde Händels "Halleluja" aufgeführt: Mitwirkende waren der Chor "Cäcilia" (der Vorgängerchor der heutigen "Winfridia") und das neue Museums-Orchester. Das Konzert am 3. Januar 1876 brachte Werke von Mendelssohn und Schubert. Am 3. November 1876 stand Schuberts "Unvollendete" auf dem Programm. Beethovens Vierte wurde 1877 in einer Fuldaer Erstaufführung geboten - für eine Kleinstadt wie Fulda, die damals etwa 9000 Einwohner zählte, eine beachtliche Leistung! 1878 wurden Lieder von Brahms aufgeführt, z.T. als hiesige Erstaufführungen; 1879 waren Werke des Fuldaer Musikers Wilhelm Hill Hauptbestandteil eines Musikabends.

Gut besucht war das Konzert des Museums-Orchesters am 13. November 1879, als Sophie, Heinrich und Karl Henkel aus Frankfurt, Nachkommen des Fuldaer Kantors Michael Henkel, hier Werke von Bach, Mozart, Beethoven, Brahms und Mendelssohn aufführten. Am 25. November 1880, zum hundertjährigen Geburtstag von Michael Henkel, wurden dessen Festouvertüre und seine Kantate "Lob der Harmonie" mit großem Erfolg hier aufgeführt, neben Werken von Mozart und Mendelssohn. Mitwirkende waren wieder Sophie und Karl Henkel.

1881 erkrankte Souchay und zog nach Marburg. Nach seinem Weggang leitete Hauptlehrer Fritz zwei Jahre lang das Orcherster. Dann übernahm Domorganist Ferdinand Rübsam die Leitung. Zwischen 1882 bis 1899 sind über hundert Veranstaltungen verzeichnet. Rübsam führte z.B. 1882 dreimal das "Weihnachtsoratorium" des Fuldaer Komponisten Heinrich Fidelis Müller auf. 1883 erklang die Festouvertüre von Michael Henkel; 1887 das Konzert für 3 Klaviere von Bach.

Unter den einheimischen Kräften ragten damals der Eisenbahndirektor Oestreich als Geiger und die Damen Wiskemann und Ostermann als Pianistinnen besonders hervor. Viele musizierende Menschen Fuldas standen damals im Dienste des Museums-Orchesters, u.a. die Familie Jacobson, die häufig als Sponsor auftrat und deren Haus stets allen Künstlern offenstand.

Ende der achtziger Jahre werden die Gymnasiallehrer Wagner, Giger und Löber als Dirigenten des Museums-Orchesters genannt. Unter Löbers Leitung bildete sich damals für kurze Zeit auch ein Kammerorchester, das aber keinen langen Bestand hatte.

Im Jahre 1890 übernahm Gottfried Leber die Leitung des Museums-Orchesters. Fast 40 Jahre lang wirkte Leber in Fulda, auch als Dirigent der "Liedertafel", der "Winfridia" und der "Cäcilia". Außerdem leitete er ein eigenes Konservatorium. Seit 1892 fanden die Konzerte im neu erbauten Bürgervereinshaus in der Rabanusstraße statt. 1894 kamen hier u.a. Werke aus Bachs Matthäuspassion zur Aufführung. Damals plante man für größere Konzerte den Bau eines großen Stadtsaales, der im Jahre 1900 als Erweiterung der Orangerie erstellt wurde.

Zum 25jährigen Jubiläum des Museums-Vereins im Jahre 1900 musizierte hier eine Militärkapelle aus Erfurt, da das Fuldaer Orchester damals aus unbekannten Gründen nicht spielbereit war. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bestimmten überhaupt mehr und mehr die Militärkapellen aus Fulda, Kassel und Meiningen das Musikleben Fuldas. Deshalb geriet das Museums-Orchester mehr und mehr ins Abseits.

Nach dem Ersten Weltkrieg 1919 vereinigten sich das Museums-Orchester und der gemischte Chor "Cäcilia" unter Gottfried Lebers Leitung zu einem "Oratorien- und Konzertverein", der in der Folgezeit Kantaten und Oratorien zur Aufführung brachte. Daneben entstand 1919 unter Leitung von Eugen Mehler das "Fuldaer Symphonie-Orchester", das sich auf das sinfonische Repertoir stützte. Mehler führte in Fulda alle Beethoven-Symphonien auf. Bei der Aufführung der Neunten wirkte der Fuldaer Oratorienverein mit. Nach Mehlers Weggang nach Weimar im Jahre 1920, wo er Opernregisseur wurde, wurde der Militärmusikmeister Richard Hewers Dirigent des Fuldaer Symphonieorchesters. 1933 übernahm der Militärmusiker Lorenz Rohde die Leitung. Er bevorzugte aber - politik- und zeitbedingt - sein "Trompeterkorps der Artillerie-Abteilung". So kam bald das Ende des Fuldaer Sinfonie-Orchesters.

©1997 Symbol: E-Mail LinkG. Rehm
(Näheres über diesen Themenbereich im Buch von Gottfried Rehm Symbol: Externer Link"Musikantenleben - Beiträge zur Musikgeschichte Fuldas und der Rhön im 18. und 19. Jahrhundert", 419 Seiten, 22 Abbildungen, Orts- und Personenregister, Verlag Parzeller Fulda 1997, 61. Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins)


Anzeigen
Hotel & Gasthof Zum Taufstein


| nach oben |
© by rhoenline & rhoenline-media