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Landhaus Hubertus

Lanzig, Lanzen - Ein Kreuz markiert heute die Stelle, an der Lanzig einst stand

Lanzig, Lanzen - Ein Kreuz markiert heute die Stelle, an der Lanzig einst stand

Das Areal an dem sich der Ort befand beschreibt eine Größe von ungefähr 150 x 150 Metern. Sehr deutlich sind im Zentrum die völlig ebenen Flächen zu erkennen, die darauf schließen lassen, dass sich hier einst Gebäude befunden haben müssen und es ist natürlich anzunehmen, dass das Dorf eine größere Ausdehnung hatte als beschrieben.

14 Gehöfte - anderen Angaben zufolge 24 - sollen sich einst hier befunden haben. Noch im letzten Jahrhundert, so habe ich gehört, soll man bei der Feldarbeit in alten Kellergewölben eingebrochen sein.

Im dritten Bild blickt man von der Ortsstelle Lanzig zum Heppberg. Rechts in der Bildmitte sieht man deutlich einen einzelnstehenden Baum. In seiner Nähe befand sich der "Pfortenstein" von Lanzig, den man heute im Rhönmuseum in Fladungen bewundern kann. Es ist ein grob gearbeiteter Stein mit einem Loch in der Mitte, welches als Aufnahme für die Drehangel eines Tores diente.

Entweder wurde er von der ursprünglichen Ortsstelle entfernt, was schon aufgrund seines Gewichts unwahrscheinlich erscheint, oder - und die Vermutung liegt nahe - es befand sich an seiner Stelle ein Gehöft (Hube). Das Areal auf dem sich der Pfortenstein befand, nennt man auch die "Lanzinger Wiesen" und erst um die Jahrhundertwende, bzw. während der Flurbereinigung wurden diese Felder in den Zustand versetzt, in dem sie sich heute befinden.

Historische Aufnahme
Historische Aufnahme

Als die Rhönstraße noch nicht gebaut war, konnte man die Dorfstelle nur über den Steinhauk erreichen. Diese alte Straße heißt heute noch Lanzinger Weg und von alten Oberelsbachern weiß man, dass die Gegend früher sehr steinig gewesen sein muß. Vor allem befanden sich dort unzählige Lesehaufen aus früherer Zeit, die man im Rahmen der Kultivierung zur Seite schaffte. Noch heute kündet ein Waldstück in der Nähe des Lohrs, welches mit Steinen übersät ist, von dieser mühsamen Arbeit. Auch gab es damals in diesem Gebiet unzählige Hecken, die erst entfernt werden mussten und im nördlichen Teil der Lanzinger Wiesen zog man welche heraus, unter denen unzählige kleine Hufeisen zu finden waren.

Noch als Kinder fanden wir diese kleinen Hufeisen, wahllos verstreut durch das Hochpflügen auf den Lohrer Feldern. Man sagte nur immer, dass diese kleinen Hufeisen von den Schweden seien, die damals im Dreißigjährigen Krieg hier lagerten und die umliegenden Dörfer plünderten, um ihre Vorräte aufzufüllen. Dies ist natürlich sehr wahrscheinlich, da Oberelsbach und auch die umliegenden Ortschaften während des Dreißigjährigen Krieges sehr oft von umherziehenden Heerhaufen bis aufs Letzte ausgeraubt wurden. Dabei spielte es keine Rolle, ob es Freund oder Feind war, denn die Soldateska musste sich irgendwie ernähren und da des öfteren auch der Sold ausblieb, meinte man, man könne sich als Entschädigung alles nehmen, was das Land hergibt.

Erpressungen und Brandschatzungen waren an der Tagesordnung (Chronik). Natürlich haben kleine Hufeisen nichts mit den Schweden direkt zu tun. Dass es kleine Hufeisen waren hängt viel mehr mit der Waffengattung zusammen. So verwendeten zum Beispiel die Husaren durchweg kleine Pferde wegen der Wendigkeit, und Husaren gab es in jedem Heer. Im Dreißigjährigen Krieg war es die leichte Kavallerie. Die Geschichte Lanzigs (Lantsch, Nanzen, Lanzen, Nenzen) ist nicht ganz so alt wie die von Oberelsbach. Erstmals werden die Dörfer Lanzig und Lohr zu Beginn des 14. Jahrhunderts im ältesten Würzburger Lehenbuch ohne Datierung erwähnt und man kann daraus schließen, dass das Entstehen dieser Dörfer auf eine ganz gezielte Gründung bzw.

Ansiedlung zurückzuführen ist. Schon die örtlichen Gegebenheiten lassen vermuten, dass es sich nicht mehr um eine - zum Beispiel für die karolingische Zeit typische - Streusiedlung handelte.

Auch die unmittelbare Nähe zur Wüstung Lohr, die eine eindeutige Abgrenzung verlangte, läßt dies vermuten. Von einer Streusiedlung spricht man, wenn man weit auseinandergezogene Einzelgehöfte zu einer Gemeinde zusammenfasste. Im Laufe von Jahrhunderten und in Folge der damaligen Erbfolgeregelungen konnte es sein, dass sich dadurch mehrere Ortskerne herausbildeten oder sich auch verlagerten. Diese Entwicklung führte letztendlich dazu, dass Siedlungen in zwei oder mehrere Teile zerfielen und diese dann selbständige Gemeinden wurden. Das beste Beispiel hierfür ist die Entstehung von Ober- und Unterelsbach, die beide ihren Ursprung in der Gemeinde Elsbach (Elspe, Elispe, Espin ...) haben.

Um 1332 wird beurkundet, dass ein gewisser Johann von Herschfeld mit Einkünften (3 Malter Hafer) aus Nanzen belehnt war. Hans von Herschfeld wird 1413 belehnt mit dem »clainen zehenden zum Nanczen und auch wisen uff der Rone gelegen« und 1421 gibt er dieses Lehen wieder ab. Weiterhin findet der Ort Lanzig noch einmal 1528 Erwähnung in den Würzburger Lehenurkunden und 1563 heißt es bereits im Zinsbuch des Klosters Hausen an der Saale »daselbst ist eine Wüstung zu Lantzen«. Das bedeutet, dass der Ort bereits 1563 erstmals als wüst bezeichnet wird und es ist auch anzunehmen, dass dies nicht von heute auf morgen geschah, sondern die Folge eines längeren Entwicklungsprozesses war.

Das Wüstwerden eines Ortes war zur damaligen Zeit nichts außergewöhnliches und in den wenigsten Fällen fielen Ortschaften Feuersbrünsten, Brandschatzungen und vor allem dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer. In der Regel kann man sich von diesen liebgewordenen Vorstellungen, die lediglich die Fantasie früherer Sagenerzähler beflügelten, verabschieden. In den meisten Fällen verlief das Wüstwerden eines Ortes sehr unspektakulär. Doch was waren die eigentlichen Ursachen?

Die Flur von Lanzig erstreckte sich vor allem nordwestlich der Ortsstelle und war durch die Oberelsbacher Flur bzw. durch die Lohrer Flur sehr begrenzt, zumal Oberelsbach im 14. Jahrhundert schon eine beachtliche Gemeinde war und nach entsprechender Ausdehnung verlangte. Es gilt auch zu berücksichtigen, dass die Qualität der Böden westlich von Oberelsbach bzw. in der Nähe von Lanzig nur von mittlerer Güte sind. Somit kann man die Lage von Lanzig aus ökonomischer Sicht durchaus als ungünstig bezeichnen.

Zum einen dürfte es mit Sicherheit an der für Lanzig ungünstigen ökonomischen Situation gelegen haben doch muß zum anderen auch die gesamtwirtschaftliche und politische Lage des Landes bzw. Europas Berücksichtigung finden.

Zu Beginn des 14. Jahrhunderts gab es durch die technischen Fortschritte in der Landwirtschaft und einer guten Ertragslage eine Steigerung des allgemeinen Lebensstandards. Dies galt jedoch in erster Linie für die damalige Stadtbevölkerung, die aber nur einen sehr geringen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachte. 80 - 90 % der Menschen wohnten damals auf dem Land und waren demzufolge auch in der Landwirtschaft tätig. Somit war es nur eine Frage der Zeit, bis durch die Überproduktion die Lebensmittelpreise fielen und fast ganz Europa in eine Agrarkrise steuerte, die bis etwa zur Mitte des 15. Jahrhunderts andauerte. Begleitet wurde dieser Umstand auch durch die allgemeine Situation des einzelnen Bauern. Man war in der Regel seinem Grundherrn gegenüber lehenspflichtig und durch hohe Abgaben belastet. Hinzu kamen die Frondienste, die die Bauern auf den Gütern der Adeligen an bestimmten Tagen und in einem nicht unerheblichen Umfang abzuleisten hatten, denn man war ja in der Regel unfrei und die rechtliche Lage der Bauern gegenüber dem Grundherrn verschlechterte sich zusehends. Schließlich sorgte auch das zur damaligen Zeit fast überhandnehmende Fehdewesen für eine zunehmende Rechtsunsicherheit. Manche Grundherren waren durch ihre Abwesenheit noch nicht einmal in der Lage ihren eigenen Orten Schutz zu gewähren. Ein weiterer Punkt, der sich negativ auf die Bauern auswirkte war, dass es auf dem Land nur sehr wenig Geld gab, da man in erster Linie in Naturalien seinen Verpflichtungen nachkam. Wollte man jedoch Saatgut bzw. Vieh oder Gerätschaften hinzukaufen, war man gezwungen Kredite aufzunehmen. Zwar hatte die Kirche den Christen ein Zinsverbot bis Mitte des 16. Jahrhunderts auferlegt, doch waren die Juden zur damaligen Zeit schon sehr stark im Kredithandel vertreten und wegen der hohen Risiken im Leihgeschäft waren die Zinsen entsprechend hoch. Dies führte zu einer weiteren Belastung der Bauern, die neben den landesherrlichen Abgaben auch noch Schulden und Zinsen tilgen durften. Die soziale Lage der Stadt- und Landbevölkerung verschob sich zusehends zugunsten der Städter und das Gefälle zwischen arm und reich wurde immer größer, denn kein Grundherr konnte einem Städter irgendwelche Abgaben aufzwingen bzw. etwas vorschreiben.

Auf den einzelnen Bauern wirkte sich die Gesamtsituation also völlig negativ aus und als dann um 1370 ein völliger Preisverfall für landwirtschaftliche Produkte einsetzte, begann eine anhaltende "Landflucht". Damals entstand auch das Bild vom Bauern als "dummer Tölpel" und der Begriff "Stadtluft macht frei". Höfe und Siedlungen, ja sogar ganze Dörfer wurden im Rahmen dieses schleichenden Prozesses verlassen und verödeten.

Unter diesen Umständen läßt sich auch der allgemeine Bevölkerungsrückgang zum Ende des 14. Jahrhunderts erklären, der jedoch nicht nur auf die o.g. Ursachen zurückzuführen ist. Denn Mitte des 14. Jahrhunderts (1347 bis 1349) hatte man noch ein anderes Problem. Die gefürchtete Pest begann sich auch in Deutschland auszubreiten. Dieser Seuche war man zur damaligen Zeit noch in keinster Weise gewachsen, da man ihr nichts entgegenzusetzen vermochte und man musste deshalb gezwungenermaßen abwarten, bis alles vorüber war. Der "Schwarze Tod" raffte Ortschaften leer und entvölkerte ganze Landstriche, was dazu führte, dass wiederum ausgedehnte Wüstungen entstanden. Jedoch betraf dieses Problem die Städte und Dörfer gleichermaßen und es kann daraus nicht der Schluß gezogen werden, dass die Pest die Ursache der Agrarkrise gewesen ist. Vielmehr muß man diese Ereignisse als parallel verlaufend betrachten und für die Agrarkrise in erster Linie die Strukturverschiebungen innerhalb der Bevölkerung verantwortlich machen.

Genau in diese Epoche fällt auch die Wüstwerdung Lanzigs, denn da es bereits 1563 als verödet galt, muß dieser Prozeß schon lange vorher eingesetzt haben. Auch war Lanzig keine temporäre Wüstung, denn es wurde auf keinen Fall wiederbesiedelt. So ist im Salbuch des Amtes Hildenberg von 1596 immer noch von den Wüstungen »Laar und Lantzingen bei Obernelsbach« die Rede. Im gleichen Buch ist noch sehr oft von Lanzig die Rede, wenn es um Einkünfte, Lehen und die "Erben" geht. »In dieser Marckung liegen zwo Wüstungen einen Lahr, die ander Lanczen genannt, welche die Nachtbauern in genießlichen Brauch und beulichem Weßen bekommen unnd haben. Die Wüstung Lanczen aber ist Hannsen-Wilhelm vonn Hespergk zu Bedheim zu Lehen rürendt, wurde ime auch jerlich Gebuernuß darvon entricht wie auch hernach zu findten (anschließend erfolgt ein Aufzählung der Einkünfte)«. Dies allerdings verdeutlicht, dass es sich bei Lanzig auch nicht um eine tote Wüstung handelt, denn ein großer Teil der Lanziger zog vermutlich nach Oberelsbach und bewirtschaftete die Flächen von dort aus. Aus dem Salbuch von 1596 geht auch hervor, dass man eine Wiederbesiedlung ausdrücklich wünschte und als Voraussetzung sollte eine etwaige neue Bevölkerung nur den Erbhuldigungpflichten nachkommen. So steht geschrieben: »Das Dorf Obernelsbach mit sambt denn zwo Wüstungen Lahr und Lanczinen, auch denn dreyen Mühlen ist unnserem gnedigen Fürsten und Herren von Wirczburgk mit Erbhuldigungsplichten, vogteylicher Obrigkeiten, Gebot unnd verbotten allein verwandt unnd seindt auf alle begebendte Fell die Erbhuldigungspflicht zuerstatten schuldig. Wann auch berürte beede Wüstungen widerumb soll bebauet werden ... hat der Stiftt auf dennselben Underthanen gleich wie jeczt den jenigen, so allein die guetter besiczen unnd innen haben, die gebuerendte Erbhuldigung, Gebotten, Verbotten, Schatzung und Dienst«.

Danach folgt eine Aufzählung der Lanziger Nachkommen und wie hoch ihre Abgaben waren. So musste zum Beispiel ein gewisser »Heintz Weickhardt 1Pfund und 26 Pfennig an Gelt und ein Vaßenachthun« entrichten. Weitere Namen, die hier auftauchen, sind in Oberelsbach auch nach wie vor noch vertreten; z.B.: Kolb, Strohmenger oder Herbert, um nur einige zu nennen. Für Oberelsbach hatte die Nichtwiederbesiedlung den Vorteil, dass man für Lanzig nach wie vor einen zusätzlichen Schöffen beim Zentgericht stellen durfte (oder musste).

Die einzige Mitteilung von einem gewaltsamen Ende Lanzigs, die uns überliefert blieb, findet sich auch in diesem Buch. »Der Prälat Kaspar Weippert zu Kloster Theres stiftete 2 Jahrtage und für 2 Gulden Wecken die jährlich auf Dreikönig um Gottes willen ausgetheilt werden sollten. Für die Nachbarn des verwüsteten Dorfes Lenzig ist jährlich am Elisabethentag ein Amt zuhalten. Gestiftet sind 36 Engelämter, 37 Jahrtage und 70 hl. Messen«. Doch dürfte ein gewaltsames Ende von Lanzig eher unwahrscheinlich gewesen sein und das dieser Ort im Bauernkrieg zerstört worden ist, mag man sich aufgrund der o.g. Ereignisse nicht so recht vorstellen.

Auch im Erbhuldigungsbuch des Bischofs Philipp Adolf von Ehrenberg von 1623 wird der Ort nach wie vor als Wüstung bezeichnet. Also während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges und es dürfte nahezu unwahrscheinlich sein, dass in dieser Zeit der Ort wiederbesiedelt wurde. Vielmehr suchte die Bevölkerung innerhalb der befestigten Orte Zuflucht und Oberelsbach war zur damaligen Zeit bereits von einer Dorfmauer umgeben. Im Standbuch des Klosters Hausen ist auch 1656 noch die »wüsten Lantzen« benannt und das war bereits einige Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg. Somit ist eine bisher vermutete Wiederbesiedlung und Zerstörung in diesem Krieg auszuschließen.

Erst in der Zeit von 1684 - 1698, also in der Zeit von Bischof Johann Gottfried von Gutenberg, der damals Fürstbischof in Würzburg war, wird eine Wiederbesiedlung der in »früheren Kriegen verödeten« Ortschaften ausdrücklich forciert. Er war es der mit Nachdruck die Wüstungen wiederbesiedeln und sogar neue Ortschaften gründen wollte. Jedoch gelang ihm das bei Lanzig nachweislich nicht, da in den Lehenbücher bis 1722 nach wie vor von einer Wüstung Lanczen die Rede ist. Sicher ist jedoch, dass in seine Zeit auch die Kreuzsetzung fällt, denn er verfügte: »Anstelle der verödeten Kirchen, Kapellen, Friedhöfe, Weilern und Dörfern sind zu Memori Erinnerungs - Kreuze an deren Stelle anzubringen.«

Mit Wirkung vom 8. Juni 1866 wurde im Namen seiner Majestät des Königs das sogenannte »Lenzinger Erbholz« in der Gemeinde Oberelsbach als selbständige Körperschaft anerkannt und festgelegt, dass die Körperschaftsmitglieder nur als berechtigte Nutznießer auftreten können. Es wurde dabei auch sehr viel Wert darauf gelegt zu betonen, dass es sich bei dieser Körperschaft um ein selbständiges steuerpflichtiges Subjekt handelt. Man kann durchaus behaupten, dass Lanzig seit dem Zeitpunkt seiner Wüstwerdung schon immer eine "lebende Wüstung" war, denn die Flur wurde von den Nachfahren von Oberelsbach aus verwaltet und bewirtschaftet und lebt heute noch in Form der "Länzinger Körperschaft" fort.

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