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Landwehr

Auch Höhl, Verhak oder Hähl genannt.

Quer über die ganze Hochrhön verläuft eine teilweise noch sehr gut sichtbare mittelalterliche Grenzbefestigungsanlage - die Landwehr.

Ursprünglich hatte dieses Graben-Wall-Graben - System somit eine Breite von 17 bis 22 m, wobei der Wall in der Regel 8 bis 11 m breit und 3 bis 4 m hoch war. Die beiderseitigen Gräben hatten eine durchschnittliche Breite von 5 m (wobei mir diese "offiziellen" Maße etwas zu hochgegriffen erscheinen). Die Wallkrone war zusätzlich mit dichtem Gehölz bepflanzt, welches ineinander verwachsen war - das Gebück. Es wurde ständig kurz gehauen, wieder aufgezogen und die langen Äste ineinander verflochten; solange bis es für Mensch und Tier nahezu undurchdringlich war. Dabei kam es auch darauf an, dass der Wall möglichst steile Böschungen hatte (dies ist bei der oberen Landwehr noch deutlich zu erkennen). Die Gemeinden, durch deren Gemarkung die Landwehr verlief, hatten auch für ihren Unterhalt zu sorgen und den Höhlmann zu stellen, der in einem Schlaghäuschen saß und die mit einem Schlagbaum versehenen Durchlässe bewachte. Weiterhin mussten sie auch die Rhön- oder Höhlknechte stellen, die den Zustand der Landwehr in regelmäßigen Abständen kontrollierten.
Zudem kam noch der landesherrliche Einfallsreichtum in bezug auf Steuern zum Tragen; nämlich das sogenannte "Rhöngeld" oder auch "Höhlgeld", welches bis hinein ins Grabfeld erhoben wurden: »Item sie geben Jährlich den Rhon Knechten vier Pfundt als Huetern der Landtwehr unnd Halß; wird von der gemeinen Beth entnommen.«

Die Landwehr auf der Weisbacher Hut
Die Landwehr auf der Weisbacher Hut

Bekannte Durchlässe auf unserer Gemarkung waren an der "Sondheimer Höhl", wo heute die Thüringer Hütte steht (hier grenzt die Sondheimer an der Oberelsbacher Gemarkung) und kurz vor der Weisbacher Hut die Schlagwiesen, deren Name schon auf einem Durchlass schließen läßt. In späterer Zeit waren die Schlagbäume vom Frühjahr bis Juli geschlossen, um den Diebstahl von Heu zu unterbinden.

Sinn und Zweck der Landwehr war es, sich vor umherziehenden Rittern und anderen Raubgesindel zu schützen. Doch betrieb man diesen Aufwand nicht nur deswegen. Denn aufgrund des Gebücks und des schon auf "eigener Seite" befindlichen Grabens, war die Landwehr zur Verteidigung völlig ungeeignet und dürfte auch schon zur damaligen Zeit für einen kleinen Heerhaufen kein ernsthaftes Hindernis gewesen sein. Zudem hätten die vielen unbewachten Stellen in dieser Einöde ein Übergreifen sehr leicht gemacht. Hingegen war es für einen einfachen Bauern oder Händler nahezu unmöglich, die Landwehr mit einem Fuhrwerk oder Karren an einer unbewachten Stelle zu überqueren. Selbst eigene Untertanen wurden oft mit den Auswüchsen kleinstaatlicher Willkür, die mit dieser Grenze symbolisiert wurde, konfrontiert:

»Übrigens ist es eine bloße Plackerey für sämtliche Einwohner in den benachbarten Gegenden, dass die Würzburger Jäger und Höhlknechte Niemanden den Durchgang durch diesen Höhl gestatten und einen jeden, den sie daselbst betreten, zu Waldbuße ziehen. Noch sei zu bemerken, dass man von Seiten des vormaligen Hochstiftes Würzburg die diesseits der Landwehr gelegenen und den Unterthanen zuständigen Heu= und Huthfelder zum dortigen Territorium zu ziehen und über deren Besitzer die Gerichtsbarkeit zu behaupten vermeinet (Schultes).«

Die Landwehr auf der Weisbacher Hut
Das Schwedenkreuz

In erster Linie ging es um Zölle, denn hinter der Landwehr war bereits Ausland und das im wahrsten Sinne des Wortes. Man kann es vor allem alten Urkunden entnehmen, wie wichtig den damalig Herrschenden diese Ein- und Ausfuhrsteuern waren. Außerdem blieb auch immer ein Teil der Einnahmen in der jeweiligen Gemeinde. Die Landwehr stellte somit eine nicht unerhebliche Einnahmequelle für die Gemeinden dar, die ja auch für ihren Unterhalt sorgen mussten. Dies führte natürlich unweigerlich dazu, dass der organisierte Schwarzhandel einen Auftrieb erlebte. Es gab in der Rhön regelrechte Schmugglerwege, deren Benutzung auch die Würzburger Jäger (leichte Infanterie) nicht unterbinden konnten; oder wollten, denn es fiel für jeden etwas ab. Oftmals waren aber auch die Jäger den schwerbewaffneten und zahlenmäßig überlegenen Schmugglerbanden hilflos ausgeliefert. Nicht selten gab es Scharmützel und Feuergefechte bei denen die "Obrigkeit" das Nachsehen hatte. Erst 1848 fielen die Schlagbäume und die Landwehr hatte damit ihren Zweck verloren.

Zunächst stößt man beim Erkunden der Landwehr unserer Gemarkung, kurz vor der Weisbacher Hut, auf die "Untere Landwehr". Sie ist an manchen Stellen noch sehr deutlich zu sehen, hat aber nicht die Ausmaße der eigentlichen "Oberen Landwehr". Wind und Wetter haben sie schon sehr stark in Mitleidenschaft gezogen und sie ist stellenweise nur noch 50 cm hoch.

Recht unberührt hingegen findet man sie noch in Waldstücken, die allerdings in der Regel fast immer unpassierbar sind. Ebenso ist mir die Stelle, an der die Untere mit der Oberen Landwehr zusammenläuft, noch unbekannt. Das dürfte sich aber demnächst klären.

An solchen Stellen treten auch die damaligen Ausdehnungen zutage, die die Mühsal und Strapazen, welche die damalige Bevölkerung mit Frondiensten auf sich nehmen musste, recht deutlich erkennen lassen. Mit Schaufel und Spitzhacke wurde in jahrelanger Arbeit dieses Monument errichtet, um den Finanzhaushalt des Landesherren aufzubessern.

Wesentlich eindrucksvoller hingegen ist die "Obere Landwehr". Ihre Ausmaße entsprechen denen, die damals vertraglich festgelegt wurden. Sie verläuft auch oftmals über die freien und übersichtlichen Hochebenen der Rhön, so dass man ihren Verlauf mit bloßem Auge über mehrere Kilometer verfolgen kann. Selbst in völlig unwegsamen Gelände einiger Bachtäler - die selbst ein Erkunden zu Fuß fast unmöglich machen - ist sie anzutreffen.

Auf diesem Bild kann man die Obere Landwehr in voller Pracht bewundern. Erst hier werden einem die Ausmaße bewusst, die dieses Bauwerk gehabt haben muß. Etwa 1,5 Kilometer zieht sie sich mit diesen Ausdehnungen über die Rhön. Dass sie auf ihrer höchsten Erhebung noch so gut erhalten ist, liegt wahrscheinlich daran, dass sie den jüngsten Bauabschnitt in unserer Gemarkung darstellt. Zudem ist anzunehmen, dass in den übrigen Geländeabschnitten, die sowieso sehr unwegsam sind, ein derartiger Ausbau nicht notwendig war.

Auch auf dem Gangolfsberg stößt man auf die Reste der Landwehr. Ein Abschnitt befindet sich etwa 50 m vor dem Eingang zur Wallanlage. Aufgrund seines Verlaufes und seiner Ausdehnung kann man von Vornherein einen Zusammenhang mit der vorgeschichtlichen Befestigung ausschließen. Offensichtlich laufen auf dem Gangolfsberg auch mehrere Landwehren mit unterschiedlichem Erhaltungszustand zusammen.


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