Viele Rhöner wanderten bereits vor hunderten Jahren aus ihrer Heimat aus.

von Walter Kömpel, Oberbach

Bekanntmachung

Auswanderung des Kaspar Rehm von Disbachmühle, Gemeinde Rothenrain betr.
Der ledige Kaspar R e h m von Disbachmühle, Gemeinde Rothenrain beabsichtigt nach Orb im Königreich Preußen auszuwandern. Etwaige privatrechtliche Ansprüche an denselben sind

Mittwoch, den 6. April k. Js.,
vormittags 9 Uhr,

bei Vermeidung der Nichtberücksichtigung bei Bescheidung des Auswanderungsgesuches hierorts anzumelden.

Brückenau, den 15. März 1870
Königl. Bezirksamt

v. Weinbach

Quelle: Saalzeitung Nr. 65 vom 23.03.1870
(Stadtarchiv Bad Brückenau)

Bekanntmachung

Der Hüttner Christian H e i l von Motten beabsichtigt mit seiner Ehefrau Justina, geb. Kreß, und seinen beiden Kindern Gregor 11 ¼ und Maria 8 ¾ Jahre alt nach Nordamerika auszuwandern. Etwaige Ansprüche gegen denselben sind bei Meidung der Nichtberücksichtigung bei Bescheidung des Auswanderungsgesuches

Freitag den 18. Januar k. Js.

beim unterfertigten k. Bezirksamte anzumelden.

Brückenau, 28. Januar 1870
Königl. Bezirksamt

v. Weinbach

Quelle: Saalzeitung Nr. 26 v. 02.02.1870
(Stadtarchiv Bad Brückenau)

Viele verließen unsere Gegend und ließen sich in Kurhessen, Preußen, Ungarn, Österreich und Spanien nieder. Auswanderungen nach Australien, die LaPlata-Staaten waren auch das Ziel einiger. Die meisten der Auswanderer zog es aber nach Nordamerika.

Many left our region and settled in Kurhessen, Prussia, Hungary, Austria and Spain. Emigration to Australia and the La Plata states was also the destination for some. However, most of the emigrants were drawn to North America.

Was trieb sie dazu ihre Heimat, Freunde und ihre gewohnte Umgebung zu verlassen?

Armut
Erwerbsmöglichkeiten, keine oder wenige
Flucht vor Kriegen und Kriegsdienst
Missernten (lange kalte Winter, kurze nasse Sommer, Dürremonate) und karge Böden in der Rhön
Politische Unterdrückung
Seuchen und Epidemien
Um der Strafverfolgung zu entgehen oder aber
Abenteuerlust

Die ersten Dörfer dieser Gegend wurden bereits im 9. Jahrhundert gegründet (z. B. Schondra, Oberleichtersbach). Weitere Orte folgten unaufhaltsam. Trotzdem wanderten ganze Familien aus und somit verschwand manch alteingesessene Familie aus dieser Gegend.

Auch viele jüdische Familien, die lange Zeit hier in der Rhön ihre Heimat fanden (etwa in den Gemeinden Zeitlofs, Schondra, Brückenau, Unterriedenberg und Platz) zogen in die Ferne.

Selbst in der Mitte des letzten Jahrhunderts, wenige Jahre nach Kriegsende war Wildflecken Schauplatz des Geschehens. Im sogenannten UNRRA Lager (United Nations Relief and Rehabilitation Administration), welches von den United Nations (Holländer, Neuseeländer, Belgier, Venezulaner, Franzosen und Amerikanern) verwaltet wurde, wie auch von Kathryn Hulme im Buch „The Wild Place“ dargestellt, wurden hier Kriegsflüchtlinge (DP = Displaced Persons) und deren Familien darauf vorbereitet, innerhalb Deutschlands, Europas sowie hauptsächlich nach Überseestaaten auszuwandern.

Nach der Übernahme des Truppenlagers Wildflecken durch die US Armee bahnten sich im Laufe der Jahre Freundschaften an. Eine Heirat folgte in vielen Fällen. Auch hier folgten unzählige junge Frauen ihren Ehemännern nach Amerika und deren Nachkommen leben heute bereits in der zweiten oder gar dritten Generation in den USA.

Zahlreiche Hinweise über Auswanderungen findet man in Ortschroniken, wie die von Kaspar Gartenhof, Gerwin Kellermann oder Leonhard Rugel, um nur einige zu nennen, beschrieben.

Emigration from the Brückenau region
by Walter Kömpel, Oberbach

Poverty/destitution
Source of income: little or no income
Escaping from wars and fleeing war service
Bad harvests (long cold winters, short wet summers, month of drought)
Political oppression
Pestilence and desease
To escape persecution
Seeking adventure

The first settlements in this area were founded already in the 9th century (i. e. Schondra and Oberleichtersbach). Irresistibly, further villages followed. Nevertheless entire families emigrated and some resident families disappeared completely from this region.

Also many jewish families, who had found their home in the Rhön (in the villages of Zeitlofs, Schondra, Brückenau, Unterriedenberg and Platz) left.

Even in the middle of the last century, some years after WWII, the same happened in Wildflecken. At the so-called UNRRA Camp (United Nations Relief and Rehabilitation Administration), administered by the United Nations (Dutch, New Zealanders, Belgians, Venezuelans, French and Americans) and described in Kathryn Hulme’s „The Wild Place“, displaced persons (DPs) and their families were prepared for emigration within Germany, Europe and mainly overseas countries.

After take over of Camp Wildflecken by US troops friendships grew during the years. Marriages followed in many cases. Also, innumerable young women followed their husbands to America and their descendants area living there in the 2nd or 3rd generation.

Numerous links about emigrations can be found in chronicles, as described by Kaspar Gartenhof, Gerwin Kellermann and Leonhard Rugel, only to name some of them.