In der Rhön, im Grabfeld und in den angrenzenden Gebieten
Mellrichstadt 2012
ISBN 978-3-942112-06-2, 22,80 €
Es steht fest, dass in alten Zeiten, angefangen von der Vor- und Frühgeschichte und über das ganze Mittelalter hinaus, erstaunlich viel gereist wurde und dass alle historischen Siedlungen, kulturelle und politische Mittelpunkte durch Straßen und Wege verbunden waren, auf denen sich Menschen zueinander mit ihren Ideen und Vorstellungen, ihrem Gepäck und im Transport verkäuflicher Waren bewegt haben.
Ohne halbwegs zutreffende räumliche Vorstellungen von den festen Siedlungen und Zentren, den Trampelpfaden, Wegen und Straßen zwischen geschichtsträchtigen Plätzen, den Mühen und Strapazen des Verkehrs bleiben historische Darstellungen gleichsam raumlos. Wie wir Geschichte nur in zeitlichen Zusammenhängen schildern können, so müssen wir als Heimatkundler und Heimatgeschichtler in unseren Arbeiten auch zutreffende Raumvorstellungen einbringen, wenn wir historische Vorkommnisse geordnet und verständlich darstellen wollen. Die Menschen vergangener Zeiten waren erstaunlich reisefreudig. Wir können von den Reisenden erzählen, den kriegerischen und räuberischen Eroberern, Kaufleuten und Fernhändlern mit ihren Waren, den Siedlern und Umsiedlern, den von weit kommenden Glaubensboten, den Gründern, den Überbringern von Botschaften und Befehlen, den Pilgern, den Studierenden, den Herrschern mit ihrem Gefolge. Wir können über die Landschaft in früheren Zeiten sprechen, die Namen der Berge, Bäche und kleinen Flüsse in ihren ursprünglichen Formen nennen, und überlegen warum sich diese Landschaftsnamen gewandelt haben.
Wir können über die Umstände des Reisens in früheren Zeiten berichten, das Reisen "per pedes", in endlosen Fußmärschen, die Wegkundigen, die Träger, die Lasttiere, die Reittiere, über Hufeisen, Steigbügel, Trense, Sattel, Zügel, über Joch und Kummet, über Wagen und Karren, über die Handwerker, Sattler, Wagner und Schmiede, Vorspann, über Kutscher und Schwager.
Immer werden wir aber auf die Frage zurückkommen müssen. Und wie war es denn mit den Wegen und Straßen selbst? Wie fanden die Straßen selbst Weg und Route in der Landschaft? Hatten sie feste Linien, oder gab es im Winter andere als im Sommer? Wurden die Täler gesucht oder die Wasserscheiden? Waren die Straßen befestigt, oder nur teilweise befestigt? Wie stand es mit einem Wege- und Straßenrecht. Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigt sich das Buch Jochen Heinkes und zwar weniger theoretisch als extrem materialreich, exemplarisch und praktisch. Er fasst eine außerordentlich große Menge der höchst verstreuten Nachrichten aus der Literatur über die Straßen und das Straßenwesen in unseren Raum zusammen. Er bringt alte und etwas neuere Karten sicher nahezu vollzählig in zahlreichen Abbildungen. Heinke hat diese wenig präzisen Darstellungen früherer Jahrhunderte in jahrelanger Arbeit penibel studiert und nach Antworten befragt. Er hat das, was sie aussagen oftmals verglichen, bestätigt, in Frage gestellt oder widerlegt. Wenn man ihm folgen will tut man gut daran, sich mit einem guten Vergrößerungsglas zu versehen und damit anzufangen einen Bereich in der Nähe, den man von Spaziergängen und Wanderungen halbwegs zu kennen glaubt, nach seinem Vorbild und seiner Anleitung Stück für Stück nachzuprüfen um erst einmal die Methodik Heinkes im Umgang mit der Fachliteratur zu lernen. Das Buch Heinkes erspart dem durchschnittlichen, mehr allgemein interessierten und beschlagenen Heimatkundler das zeitraubende Herumstöbern in einer speziellen Bibliothek.
Als zweiten Schritt wird man beginnen auf Fahrten und Wanderungen im Gelände selbst nach Spuren von Altwegen und Altstraßen zu suchen und diese als solche zu identifizieren. Solche tatsächlichen und täuschenden Spuren sind in der Tat recht häufig und manchmal einerseits leicht zu übersehen und ebenso leicht zu finden. Aber die Entstehung solcher Reste und Spuren von weniger wichtigen Altwegen und hochwichtigen Altstraßen gehört oft sehr verschiedenen Zeitabschnitten an. Und das ist um des historischen Ertrages willen verlässlich zu erkennen und eindeutig fest zu legen. Wessen Blick nicht geschärft ist, wird unter Umständen zufällige, junge und isolierte Beschädigungen, Bodenentnahmen und Veränderungen der Erdoberfläche als Spuren eines untergegangenen Verkehrsnetzes ansehen.
Wenn Sie beschließen, sich mit dem alten Wege- und Straßennetz nicht nur in der Rhön und dem Grabfeld, sondern auch in den angrenzenden Gebieten auseinander zu setzen, lassen Sie sich jedenfalls auf ein spannendes Abenteuer ein. Die Arbeit von Jochen Heinke dient dann ein solides Fundament und ist richtungsweisend. Sein Buch sollte deshalb in der Bibliothek eines jeden Heimatkundlers und Rhönfreundes stehen. (Franz Bungert)
Bücher
Beiträge in den Fuldaer Geschichtsblätter
Beiträge in den Heimatjahrbüchern des Lkr. Rhön-Grabfeld 2007 - 2013 zu folgenden Themen:
HJB 2012 LK Fulda:
Mehr zum Thema www.unterwegs-auf-alten-Straßen.de
Schon mehr als 20 Jahre beschäftigt sich Jochen Heinke mit der Historischen Verkehrsgeografie, insbesondere der in Unterfranken, Südthüringen und Osthessen.
Dabei verknüpft er seine Ergebnisse der Altstraßenforschung im Gelände mit dem "Erleben" der Altstraßen heute. Wichtig ist ihm stets auch der Abgleich mit der vorhandenen Sekundärliteratur.
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Jochen Heinke
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