Auf dem Wachtküppel – Wandererzählung von Waltraud Röding, mit Fotos von Waltraud, Martin, Sasja und Ken
Bei etwas bewölktem Himmel, doch sommerlicher Wärme, fahren wir Vier – heute sind wieder unsere Freunde Sasja und Ken mit von der Partie – bester Laune in Würzburg los. Selbst einige Regentropfen auf der Autobahn, die sich provozierend auf das Autofenster fallen lassen, können unseren Optimismus nicht trüben, auch nicht der Internet-Wetterbericht, der seit drei Tagen hartnäckig für heute in der Gegend um den Wachtküppel, der unser Ziel ist, Gewitter verspricht.
Wir haben uns für die ‚schönere’ Strecke entschieden und fahren bei der Abfahrt Wildflecken von der Autobahn ab, Richtung Gersfeld, bei der Ampel am Ortsanfang biegen wir rechts ab und nach der Ortschaft links, Richtung Guckaisee. Wir wollen Wald und Wiesen genießen, die uns mit ihren mannigfaltigen Grüntönen und bunten Blumen erfreuen. Beim Ort Schachen biegen wir deshalb links in eine schmale Straße ein und fahren durch die sommerliche Rhönlandschaft.
Bald haben wir den kleinen Ort Wachtküppel erreicht, durchfahren ihn bis zum Waldgasthaus ‚Zum Wachtküppel’ und stellen unser Auto auf einem Parkplatz mit dem Schild ‚Naturparkplatz’ gleich nach dem Gasthof ab.
Wir steigen aus und, das darf doch nicht wahr sein, es fängt an zu tröpfeln. Nun, wir haben die Regenjacken im Rucksack und außerdem hört es sowieso gleich wieder auf, beschlossene Sache. Wir lassen uns nicht verdrießen.
Auf der Wandertafel entscheiden wir uns für den Rundweg Nr. 1 mit 5 km, Höhenunterschied 105 m, das schaffen wir ja auf einem Bein (ha, ha). Und los geht’s.
Wir laufen ein Stück zurück, vorbei am Waldgasthaus. Zwei einheimische Katzen beschnuppern uns ausgiebig und lassen uns dann passieren.
Nun biegen wir gleich links ab auf einen Waldweg, der uns durch den Altenweiher Forst führt. Es ist ein schöner breiter Waldweg, üppig gesäumt von leuchtenden Rhönblumen im grünen Gras. Vereinzelt entdecken wir Pilze zwischen den Sträuchern und Gräsern. Und – es hat längst aufgehört zu regnen!
Nach einer Weile öffnet sich der Wald und wir stehen inmitten von prächtig blühenden Wiesen und mannshohen Gräsern mit einem Blick in die liebliche Rhönlandschaft, der Herz und Auge erfreut. Natürlich müssen wir da stehen bleiben, tief durchatmen und ringsum diese Superaussicht in uns aufnehmen.
Der Weg führt jetzt leicht bergan und dann sehen wir bei jedem Schritt vorwärts den Pferdskopf vor uns über den Feldern auftauchen, bald können wir auch die bewaldete Eube sehen und die Radomkuppel auf der Wasserkuppe zeigt sich hell und rund im Hintergrund.
Schon seit einiger Zeit halten wir Ausschau nach einem Rastplatz, haben aber noch keinen finden können. Es ist nach 13.00 Uhr, Hunger haben wir inzwischen alle, also ist Improvisieren angesagt. So werden kurz entschlossen an der Wegbiegung bei einer Scheune auf gestapelten Holzpaletten die Rucksäcke ausgepackt und ein Picknick im Gras durchgeführt.
Alles was an Rhön-Käfern fliegen kann, ist davon hellauf begeistert und leistet uns freudig Gesellschaft, na ja, die Freude ist ziemlich einseitig. Martin und Ken verspeisen ihre Brotzeit im Stehen, Sasja hat es sich auf einer Holzpalette mehr oder weniger bequem gemacht und ich habe mich für die Wiese entschieden, umgeben von all dem fliegenden und surrenden Kleingetier.
Es krabbelt, summt und brummt, doch wir verteidigen unsere Nahrung heroisch gegen den Feind aus der Luft und vom Boden. Als Sieger verlassen wir gesättigt den Kampfplatz und sind bereit für den Weitermarsch.
Der Weg führt uns nun rechterhand durch sommerliche Felder und Wiesen. Ähnlich wie vorhin Pferdskopf und Eube, taucht nun auf der rechten Seite der Wachtküppel aus einer Wiese empor. Zuerst sehen wir nur das Kreuz auf dem Gipfel, dann tritt nach und nach der ganze Fels hervor. 706 m ist er hoch, ein beeindruckender Anblick, massig und schroff, nicht unbedingt einladend, eher schon herausfordernd.
Natürlich haben wir uns in der rhoenline/Berge und Kuppen vorinformiert. So wissen wir, dass dieser Basaltküppel sich ungünstig auf Kompasse auswirkt und diese so verwirrt, dass man keine Himmelsrichtung ablesen kann, auch dass man die aktuellen Temperaturen der Zugspitze dort nicht erfahren kann ist uns bekannt.
Und wegen des alljährlich stattfindenden Ameisentreffens wird geraten, keinen Proviant (speziell Spiessbratebrödli, die wir ausdrücklich nicht mitgenommen haben) unbeaufsichtigt herumliegen zu lassen. Er müsste sonst evtl. kampflos dem Ameisenheer überlassen werden. Auf den empfohlenen Ameisenbär haben wir allerdings verzichtet.
Nun biegt der Weg (Verbindungsweg Güntersberg – Wachtküppel) nochmals nach rechts ab. Auch hier erfreuet uns die großartige Landschaft, der weite Blick auf Berge und Täler, friedlich grasende Kühe auf saftigen Wiesen und die in satten Farben explodierende Blütenvielfalt am Wegesrand. Der Wachtküppel ragt imposant vor uns in den Himmel.
Inzwischen kühlen ganz sanft einzelne Regentröpfchen unsere von Sommerwärme und vom Wandern erhitzte Haut. Es ist wieder mal Genuss pur!
Martin und Ken suchen vorsichtshalber ihre Wadeln nach Zecken ab, werden aber trotz intensiver Bemühungen nicht fündig.
Die Beiden laufen schon ein ganzes Stück weiter vorne (Sasja und ich müssen ja sämtliche Wiesenblümchen fotografisch festhalten) und entdecken im Wald ein wunderschönes mit kräftig blauen und leuchtend gelben Blüten geschmücktes Wiesenstück. Ein fantastisches Farbenspiel, das wir ausgiebig bewundern.
Nun geht es ein kurzes Stück aufwärts durch den Wald, vorbei an einem ganz versteckt gelegenem kleinen Wassertümpel linkerhand.
Als wir den Wald verlassen, liegt links der Wachtküppel, als Naturdenkmal ausgezeichnet, in voller Schönheit vor uns. Vor dem Felsmassiv grast in friedlicher Eintracht eine Rinderherde auf der Wiese und vermittelt uns ein Gefühl der Ruhe und Gelassenheit. Wir biegen nun einen schmalen Pfad nach links ab, der uns um und auf den Wachtküppel führt.
Schon auf halber Höhe hat man einen sagenhaften Blick Richtung Gersfeld und Umgebung. Der Weg wird nun schmaler, steiler und felsiger. Sasja bleibt lieber auf einer kleinen Bank zurück. Ich klettere noch tapfer mit Ken und Martin weiter. Wir genießen den Ausblick bei jedem Schritt.
Doch kurz unterhalb des Gipfels führt der Pfad über ein felsiges Stück, das man (zumindest mit 1.60 Körpergröße) nicht einsehen kann. Ich sehe vor mir Fels, über mir Fels, neben mir Fels und dann auch noch ziemlich steil abwärts Fels, da muss ich aufgeben, bleibe lieber auf einer kleinen Bank unterhalb des Gipfels zurück und lasse die beiden Mannsleut alleine da rauf klettern.
Martin meint zwar, es sei wirklich nur das kleine Stück, das so abenteuerlich anmutet, dann ginge es wieder gut weiter. Aber bei mir ist es vorbei, ich kämpfe mit aufkommender Höhenangst und muss erstmal wieder klar denken können. Als ich mich gefasst habe, kann ich mich an der herrlichen Rhönlandschaft um mich herum ergötzen. Ich sehe Martin oben am Kreuz herumkraxeln, das sollte doch ein Foto wert sein.
Dann mach ich mich langsam ans Zurückgehen. Ein bißchen ärgere ich mich schon, dass ich kurz vor dem Ziel aufgegeben habe und nicht die einmalige Panoramaaussicht am Gipfel genießen konnte, von der mir Martin dann vorschwärmt.
Aber man muss eben seine Grenzen kennen und akzeptieren. Vielleicht beim nächsten Mal.
Inzwischen habe ich auch Sasja erreicht, die auf einer Bank weiter unten auf uns wartet. Ich will mich gerade zu ihr setzen, da sehe ich, dass die halbe hintere Bank voller Ameisen ist. Und wir dachten schon, das mit den Ameisen wäre eine böswillige Erfindung um Touristen fernzuhalten.
Aber der Tipp, einen Ameisenbär mitzunehmen, ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen. Ich mache Sasja auf die kleinen Tierchen aufmerksam und mit einem Satz steht sie mindestens einen Meter von der Bank entfernt. Ich prüfe mal schnell ihre Rückfront, noch ist sie ameisenfrei. Glück gehabt.
Zwischenzeitlich kommen auch Ken und Martin von ihrer ‚Gipfelbesteigung‘ zurück.
Oberhalb der Wiese laufen wir links, zum Ort Wachtküppel, dort wenden wir uns nach rechts, der Kirche zu.
Neben der Kirche ist man eifrig dabei, ein Festzelt für das morgige Pfarrfest aufzubauen.
Wir machen einen kurzen Besuch in der Kirche. Im Vorraum blickt mir Herr Kohl auf dem Titelblatt des Kirchenblättchens entgegen. Dazu sag ich jetzt mal lieber nix.
Vor der Kirche steht und ein schöner, in Stein gehauener Rhönschäfer mit seiner Herde und am Wegesrand erfreut uns ein heimatlicher Bildstock.
Dann spazieren wir gemächlich zurück, Richtung Parkplatz. Vorher kehren wir jedoch im ‚Waldgasthof Wachtküppel’ ein. Der Gastraum hat ein urig-gemütliches Dorfkneipenflair.
Wir werden freundlich bedient, verzehren einen vorzüglichen selbst gebackenen Kuchen und lassen uns dazu verleiten, noch ein weiteres Stückchen zu bestellen. Nur Martin bleibt standhaft und begnügt sich mit nur einem Stück.
Außerdem lernen wir das ‚Holunderwasser’ kennen, das mit seinem herbsäuerlichen Geschmack ein vorzüglicher Durstlöscher ist. Natürlich alkoholfrei, denn wir hatten bei Holunderwasser sofort an einen klaren Schnaps gedacht.
Nach dieser gemütlichen Einlage führt uns der Weg zurück zum Parkplatz. Wir machen noch einen kurzen Abstecher nach links zu den Sportschulen Schwarzerden, spazieren dort ein bißchen herum und müssen dann doch endgültig zum Auto zurück.
Rundum zufrieden, mit einer sanften Müdigkeit im Gebein, beschließen wir auf der Heimfahrt, bei gutem Wetter am kommenden Wochenende wieder rhönwandern zu gehen. Ziel, noch unbekannt. Aber wir werden was finden, da sind wir uns ganz sicher.













