Wandererzählung Lange Rhön

Durch Bischofsheim, über die Hochrhönstraße Richtung Fladungen sind wir zum Parkplatz ‚Schwarzes Moor‘ gelangt, wo wir unser Auto parken.

Vorher haben wir allerdings noch einen kleinen Abstecher zur ‚Sennhütte‘ gemacht, die nur ein Stück die Straße weiter entlang liegt. Leider hat sie geschlossen.

Aber wir haben die Rhöncam entdeckt, die uns immer den ‚Rhöner Almenrausch‘ mit den momentanen Wetterbedingungen zeigt. Man ist ja nicht neugierig.

Als wir am Parkplatz aussteigen empfängt uns ein eiskalter Wind und der unwiderstehliche Duft von Rostbratwürsten, der vom Kiosk herüber weht. Na klar fangen wir genau damit unseren Spaziergang an.

Während wir uns mit Genuss der Bratwurst widmen, suchen wir auf der Wanderkarte einen kleinen Wanderweg, denn wir sind heute zeitlich etwas zu spät dran für eine größere Wanderung und entscheiden uns für Rundweg Nr. 2 mit 2,2 km.

Grenze An einzelnen Schneefeldern vorbei, führt er uns zur ehemaligen Zonengrenze, wo noch ein Beobachtungsturm als Mahnung steht, neben einem Stück doppelten spitzen- und stacheldrahtbewehrtem Zaun. Es ist bitter kalt hier oben und der Wind bläst uns eisig um die Ohren.
Auch heute noch fühlen wir uns befangen an diesem Ort und viele Gedanken über die Unsinnigkeit aller Kriege, in denen es immer nur Verlierer gibt, gehen uns durch den Kopf.

Beklemmung im Anblick der hier so deutlich gemachten deutsch-deutschen Geschichte erfasst uns.

Wir sind ganz alleine, keine anderen Menschen um uns herum und so kann ich es mir erlauben, feuchte Augen zu bekommen angesichts der Unmenschlichkeit dieser und aller ähnlichen Grenzen. Wie viel Leid und Elend hat sie gebracht, wie viele Einzelschicksale sind zu bedauern und zu betrauern. Und trotzdem und immer noch: in wie vielen Köpfen auf beiden Seiten wird diese Grenze auch heute noch aufrecht erhalten.

Ein bisschen mehr Verständnis der ‚Wessis‘ gegenüber den ‚Ossis‘ und der ‚Ossis‘ gegenüber den ‚Wessis‘ und dann wären wir endlich wieder ‚ein einig Volk von Brüdern‘.

Hoffen wir darauf.

Wir ersteigen den Hügel neben dem Turm und haben einen weiten Blick ins Rhöner Land. Osten und Westen sind nur noch Himmelsrichtungen, nichts weiter. Wir schauen dem ehemaligen Grenzstreifen entlang und in die grenzenlose Weite der Rhön.

Trotz der Kälte und obwohl sich in den Mulden noch ausgedehnte Schneefelder halten, haben sich die ersten Weidenkätzchen ans Tageslicht gewagt. ‚Prinzip Hoffnung‘ geht mir durch den Kopf. Wie schön.

Von Turm und Grenze weg, gehen wir jetzt ein paar Schritte zurück zum eigentlichen Wanderweg, der links abbiegt.

Es dauert ein Weilchen bis uns die bedrückende Stimmung verlässt. Das trüb-kalte Wetter mag das Seine dazu beitragen.

Nach einer kurzen Strecke führt der Pfad über Holzbohlen durch ein mooriges Gebiet und biegt dann am Ende des Holzsteges, wieder auf fester Erde, nach links ab.

Hie und da spitzen grüne Blättchen aus dem Boden und zeigen, zusammen mit den Weidenkätzchen, die Ankunft des Frühlings an, obwohl uns der Wind und die vereinzelten Schneereste doch mehr an einen kalten Winter erinnern.

Wir kommen bei einer Straße an, auf der wir, rechts abbiegend, ein Stück gehen, dann führt unser Weg wieder nach rechts, am Waldrand entlang zurück zum Parkplatz. Dort suchen wir das Mahnmal, können aber nur noch den Stein finden, die Tafel ist leider nicht mehr da, und wir können nur anhand einer gekauften Ansichtskarte sehen, wie es urspünglich aussah.

Nun haben wir doch noch mehr Zeit als wir ursprünglich gedacht hatten und beschließen, zur Kapelle St. Gangolf (1597) in Fladungen zu fahren, das ganz in der Nähe liegt. Im Ort angekommen, suchen wir verzweifelt den Weg, der zur Kapelle führt.

Als wir dann fast schon aufgeben und nach Hause fahren wollen, entdeckt Martin ein kleines Hinweisschild (Vom Schwarzen Moor kommend, durch Fladungen hindurch, an der Kirche vorbei, Richtung Hausen, zeigt ein kleines Schild nach rechts zur ‚Kapelle St. Gangolf‘. Wer’s nicht kennt, langsam fahren, Brille aufsetzen wenn nötig, sonst hat man nur eine geringe Chance das Schild zu entdecken.)

Der Fahrweg führt uns bergan auf den Hamelsberg und wir können bereits die Kapelle sehen. Wir stellen das Auto ab und laufen das letzte Stückchen des Kreuzweges hinauf.
Vor der Kapelle finden wir eine sehr schöne steinerne Kreuzigungsgruppe. Wir gehen um die Kapelle herum und, wie wir schon befürchtet haben, ist sie geschlossen. Allerdings gewährt uns ein kleines Fenster an der hinteren Seite einen Blick ins Innere, direkt auf den Altar.

Ein bisschen enttäuscht, dass wir nicht hinein können, laufen wir um das Kirchlein herum, geniessen den herrlichen Panoramablick den man hier oben hat und entdecken rein zufällig unterhalb der Kapelle eine wunderschöne Grotte.

Nachdem wir davon nichts gewusst hatten sind wir natürlich erfreut und entzückt über diese ‚Entdeckung‘ und selbst der einsetzende leichte Nieselregen tut dieser Begeisterung keinen Abbruch.

Nun wird es Zeit, zur Heimfahrt aufzubrechen. Über die Hochrhönstraße zurück fahrend, erblicken wir unterwegs noch ein recht schottisch anmutendes Mauerwerk inmitten von Rhönwiesen und -waldstücken. Der Anblick ist so reizvoll, dass wir anhalten um ihn ausgiebig genießen zu können.

Danach geht es endgültig gen Würzburg. Und wir hoffen, dass wir bald eine Frühlingswanderung mit Sonnenschein, Vogelzwitschern, Bienengesumm und Blütenrausch in der Rhön machen können, bei der – wie immer beim Rhönwandern – der Alltag zuhause bleibt und ‚die Seele mit den Füßen baumeln‘ kann.