Wandererzählung Kaskadenschlucht – Wasserkuppe – Rotes Moor

Wandererzählung von Waltraud, mit Fotos von Waltraud, Martin, Sasja und Ken

Das Wochenende verspricht uns Sommer pur und so haben wir uns einen Weg ausgesucht, der durch den schattigen Wald führt.

Nicht zuletzt der Hinweis der rhoenline, dass die Kaskadenschlucht sich besonders gut für einen Ausflug mit amerikanischen Touristen eignet (unser Freund Ken ist Amerikaner, wenn auch kein Tourist), hat uns zu dieser Rundwanderung bewogen.

Schon auf der Fahrt genießen wir die vom Sonnenlicht durchflutete Landschaft. Als wir in Gersfeld rechts abbiegen, fällt uns in einem Cafe das Schild ‚Frischer Erdbeerkuchen’ ins Auge. Martin meint, darauf hätte er jetzt direkt Appetit. Na und wer uns kennt den wird’s nicht wundern, dass unser Rhöntrip diesmal in Gersfeld mit einem dicken Stück leckeren Erdbeerkuchen beginnt. Wir sind also gerüstet für unser heutiges Vorhaben.

Nach Gersfeld fahren wir erst ein Stück auf der Straße Richtung Wasserkuppe, biegen aber bald rechts ab nach Sandberg. Der kleine Ort am Hang ist schnell erreicht. Wir fahren fast durch ihn hindurch, bis wir ein verwittertes Holzschild ‚P Kaskadenschlucht’ erkennen können. Hier geht es links ab in ein kleines, idyllisches Sträßchen, das uns zum Waldrand und da zum Parkplatz bringt.

Erst einmal studieren wir die Wanderkarte vor Ort. Es ist nur ein einziger Wanderweg (7,5 km, 200 m Höhenunterschied) aufgeführt und so bleibt uns die Qual der Wahl erspart. Hier am Anfang ist der Weg noch breit, doch geht es schon bald über Stock und Stein und Wurzelgeflecht. Festes Schuhwerk ist sehr anzuraten.

Immer neben uns, plätschert der Feldbach durch sein buntes Sandsteinbett, blinzelt uns zu im wechselnden Sonnenlicht, wirft sich keck über die kleinen Terrassen und wird heute auf weiten Strecken unser Wegbegleiter sein, dem wir eine erfrischende, kühle Luft zu verdanken haben.

Jetzt erreichen wir die erste Brücke, die uns trockenen Fußes über den Bach führt, es sollen noch einige folgen. Der Weg wird nun zum Pfad, macht eine scharfe Rechtskurve und wir sind uns im ersten Moment unsicher, ob das überhaupt noch der Weg ist. Aber dann entdecken wir an einem Baum die weiße ‚1’ unseres Wanderweges, der uns jetzt berauf führt.
Nach kurzer Zeit gabelt er sich an einer kleinen Steinbrücke. Wir nehmen die Strecke bergaufwärts mit dem Ziel ‚’Rotes Moor’’ und die auch im Wald sehr sommerlichen Temperaturen bringen uns bald ins Schwitzen. Aber das Rauschen des Bächleins, das Singen und Zwitschern der Vögel und das Gefühl der Ruhe, das uns der Wald vermittelt, lässt uns das fast vergessen.

Jetzt kommt eine große Gruppe Mountainbiker in unser Blickfeld. Sie sammeln sich gerade in der Gruppe und warten auf Nachzügler. Freundlich lassen sie uns passieren. Leider erfahren wir später, dass das nicht unbedingt die Regel ist.

Nun wird der Weg feucht und matschig. Wir müssen schauen wo wir unsere Schritte setzen, um nicht zentimetertief im Schlamm zu versinken. Immer noch kommen uns Biker entgegen, tiefe Rillen in die nasse Erde grabend. Aber es ist genug Platz, um problemlos aneinander vorbei zu kommen.

Wir müssen ein paar abenteuerlich anmutende Stufen ersteigen und überqueren dann eine Straße, um auf der anderen Seite wieder im Wald weiterzuwandern.

Dann erreichen wir ein kleines Moos bewachsenes Holzbrückchen, das wir überqueren.
Wir entdecken herrliche Blumen am Wegesrand und es geht mir der Gedanke durch den Kopf, es wäre meiner ehemaligen Naturkundelehrerin sicherlich eine echte Freude zu sehen, wie ihre damals recht uninteressierte Schülerin sich versucht an Namen zu erinnern und sich vornimmt, zuhause in Büchern und in der rhoenline nachzusehen.

Die rosafarbene Schönheit ganz rechts zählt zum Knabenkraut, von dem es viele verschiedene Arten gibt, weshalb ich mich hier lieber nicht weiter festlegen möchte.

.Anti-Wegweiser So führt uns dieser romantische Waldweg zur ‚Reichsstraße’, der wir, trotz recht ungenauer Richtungsanweisung von Ken und Martin, nach rechts folgen, immer Richtung ‚Rotes Moor‘.

Hier macht Martin nun eine verblüffende Entdeckung. Er zeigt uns einen Rhöner Bananabaam!

Die einzige Frucht, die dieser Baum hervorbringt, wird sofort von Martin geerntet und verzehrt.
Wir sind uns nicht ganz sicher, ob er sich da nicht strafbar gemacht hat. Wahrscheinlich stehen doch Rhöner Bananenbäumer unter Natur- und Artenschutz und all so was. Aber jetzt ist es schon geschehen und nur ein Foto zeugt noch von der Wahrhaftigkeit dieser Entdeckung.

(Es ist absolut ein Gerücht, dass man hier Versuche mit genmanipulierten Nadelbananen oder gelbrindigen Nadelbäumen macht!)

Weiter geht es, am Wegrain immer eine üppig blühende Blumenpracht, begleitet vom Gezwitscher verschiedenster Vogelarten und dem Gesumm, Gebrumm und Gesurre von Bienen, Hummeln und anderem ‚Fleuch- und Kreuch-Zeuch’.

An der nächsten Wegbiegung lädt uns eine Wiese mit Tischen und Bänken in heißer Sonne zu einer Rast ein, um unseren Flüssigkeitsbedarf zu stillen. Neben unserem Tisch blüht auf hohen Halmen in sanftem Rosa wunderschön der Wiesenknöterich, die Sonne bescheint uns freundlich und sehr warm, um uns herum nur grüner Wald und Wiesen. Da geht’s uns doch wieder rundum wohlig gut.

Etwas irritiert sind wir allerdings von ein paar ‚Grillern’, die ihren Kleinbus am Waldrand geparkt haben. Der Wald ist zu dieser Jahreszeit ziemlich trocken und wir können uns nicht vorstellen, dass hier ein offener Grill erlaubt ist. Aber wir kümmern uns nicht weiter darum und löschen vornehmlich unseren Durst, um danach links, Richtung ‘Rotes Moor’ weiter zu wandern.

Als wir die Wiese verlassen hält gerade ein Jeep der Forstverwaltung und kurz darauf fährt das Auto des Grillmasters an uns vorbei. Offensichtlich hat man ihn zum nahe liegenden Parkplatz geschickt und wir gehen davon aus, dass auch das Feuer gelöscht werden musste. Es ist ein beruhigender Gedanke, dass hier doch offensichtlich was für die Natur und für deren Schutz getan wird.

Wir laufen auf dem Blumen gesäumten breiten Weg zur Schutzhütte am ‚Roten Moor’ (mit 314 ha das größte Moor der Rhön), biegen aber nicht gleich nach links ab, sondern gehen ein kleines Stück noch geradeaus um uns am herrlich gelegenen Moorsee zu erfreuen.
Libellen schwirren blau, silbern und rot funkelnd über das Wasser, der Wind weht über das hohe Gras am gegenüberliegenden Ufer und eine Stille und Schönheit umfängt uns, die uns tief durchatmen lässt.

Aber wir müssen uns von dieser Vollkommenheit losreißen und gehen nun die kurze Strecke zurück und nach rechts zum Lehrpfad, der uns durch das Randgebiet des Roten Moores führt.

Beeindruckend zeigen sich die in Europa einzigartigen Karpatenbirkenwälder beiderseits des Bohlenweges. In bizarren Formen, mal dicht beieinander, mal von kleinen Lichtungen unterbrochen, präsentieren sich die oft skurril anmutenden Bäume. Licht und Schatten im Wechsel verstärken noch den Eindruck der Skurrilität.

An der Wegbiegung steht ein Aussichtsturm, den wir natürlich erklimmen, um uns am beeindruckenden Rundblick ‚Heidelstein – Rotes Moor – Wasserkuppe‘ zu ergötzen.
Unterhalb des Turmes liegt eine große, vom Torfabbau gezeichnete Fläche, die jetzt von sommerlichen Wiesen, mit teils seltenen Blumen- und Pflanzenarten bedeckt ist.

Noch ein Schlückchen Wasser durch die Kehle rinnen lassen und weiter geht es, links herum, Richtung ‚Reichsstraße’. Diese laufen wir nun nach rechts entlang, der Wasserkuppe zu.

Wir sind zum tausendsten Male entzückt über die phantastische Blütenpracht am Wegesrand. Margariten leuchten uns, das gelbe Blütenauge im anmutigen weißen Blätterkleid, entgegen. Überall wiegen sich Wiesensalbei, Lichtnelken, Arnika und viele andere Blumen in blauen, roten, gelben und weißen Farben sanft im Wind. Und als wir aus dem Wald heraustreten packt uns wieder der ‚Aaah-Effekt’. Aussicht ins endlose Grün, Idylle und Natur pur, Wiesen, Wälder, Kuppen. Und was darf natürlich nicht fehlen? Klar, der Blick zur Wasserkuppe mit seiner großen weißen Bommel obenauf (ja, ja, ist die Radomkuppel, weiß ich auch). Die scheint herüberzublinzeln im Sonnenlicht und zu sagen: ’na, seid ihr auch schon wieder hier?‘

Unsere zwei Männer laufen weit voraus, weil sie mir nicht glauben, dass dies der richtige Weg ist. (Als ob ich schon jemals Jemand auf den falschen Weg gebracht hätte.) Während Sasja und ich, gemütlich die Aussicht genießend, hinterher spazieren.

Dann kommt – dem Himmel sei Dank – die von mir versprochene Abzweigung Richtung Sandberg.
Auch dieser Weg, ein Stück des Moorrundweges, verwöhnt unser Auge.
Hier entdecken wir die blaue Bergflockenblume, die man nicht mehr oft sieht. Leider sind streckenweise, aus für uns nicht erkennbaren Gründen, auch die Wegränder abgemäht, und so vertrocknen schöne und rare Blumen in der heißen Sonne.

Nun geht es leicht bergab, immer durch die herrliche Landschaft. Auf einem Feld arbeitet eine Bäuerin, lässt sich von uns nicht ablenken oder stören. Vorbei am Feldbachhof, führt der Weg weiter abwärts, dem Wald zu.

Am Waldrand macht unser Weg Nr. 1 eine scharfe Rechtskurve und schon hören wir wieder das Plätschern des Bächleins und können die feuchte, angenehm kühle Luft riechen. Über zwei Holzbrücken gehen wir nun, und da rutscht Ken in eine Spalte auf der Brücke.

Zum Glück ist nichts passiert und er muss nach ausgestandenem Schrecken gleich sein Bein noch mal in die Spalte stecken, damit wir das auch bildlich fürs Fotoalbum protokollieren können.

Aber dann wird’s urig. Über die ganze Wegbreite erkennen wir nur Schlamm. Es ist kein Vorbeikommen. Wir sind ratlos, an ein Zurück ist nicht mehr zu denken. Und dann sucht jeder seinen individuellen Weg. Ken läuft ein Stück zurück und geht oben am Abhang entlang. Martin schlittert nach unten und hangelt sich übers Bachbett auf die andere Seite, wo sich herausstellt, dass es da auch nicht viel besser ist. Sasja und ich schauen erst mal wie es unseren Männern so ergeht um dann eine Entscheidung zu treffen. Ich arbeite mich rutschend vorsichtig runter zu Martin und wir hopsen im Bach von Stein zu Stein, bis wieder trockener Boden zu erkennen ist. Sasja überlegt – und geht dann den geraden Weg: durch den Schlamm hindurch.
Als dann jeder seinen Entschluss gefasst hat, erstirbt auch unser Gejammer und Geseufze (ach nee; muss das jetzt sein; what to hell…; das ist doch jetzt nicht wirklich – oder; usw.). Wieder auf trockenem, festem Erdreich sieht sich Sasja nun doch gezwungen, ihre Schuhe wenigstens ein bisschen im Bach zu säubern, Ken hilft ihr dabei. Jetzt über diese ‚Matschpartie’ lachend, Sasja mit fast sauberen Schuhen, holen uns die Beiden dann wieder ein.

Noch eine letzte Brücke gilt es zu überqueren. Im Bach tanzen Sonnenlicht und Schatten ihren flirrenden Sommerreigen. Üppig grün leuchten Farne am Ufer.

Nun sind wir wieder an der Weggabelung, an der wir uns in der Früh nach rechts gewandt haben. Jetzt laufen wir gerade aus weiter. Lassen uns noch einmal vom Spiel des Baches, der sein Wasser glitzernd über den rot-bunten Sandstein abwärts fallen lässt, bezaubern.

Moos umschließt weich Steinbrocken und Gehölz und wir wandern vorbei an den zerklüfteten vom sanften Nachmittagslicht beleuchteten Sandsteinwänden der Schlucht.

Allerdings ist dieser Zauber sehr schnell verflogen, als von hinten einige Mountainbiker in rasendem Tempo, mit Zurufen wie: ‚Vorsicht’, ‚Weg frei’, ‚aus dem Weg’ u. ä. an uns vorbeisausen.

Wir sind alle total erschrocken und auch verärgert. Und mir wird angeraten, dies in einem evtl. Wanderbericht zu erwähnen. Was hiermit geschieht.
Vielleicht nützt es ja etwas. Platz wäre für Radler und Wanderer gewesen. Aber doch nicht so. Fair wandern – fair Radfahren, dann klappt es auch. Leider ist das oft noch Zukunftsmusik.

Nach diesem Schreck gehen wir dann zum Parkplatz zurück, wo unser Auto getreulich auf uns wartet.

Wir fahren noch einmal über das romantische Sträßchen hinein nach Sandberg, um in einem Landgasthof mit herrlichem Blick auf Kuppen, Wiesen und Wälder unseren heutigen ‚Rhöntag’ noch ein bisschen zu verlängern, bis es dann doch Zeit wird, wieder Abschied zu nehmen. So fahren wir denn nach Hause, gestärkt an Körper und Seele und freuen uns schon auf die nächste Wanderung.