Wandererzählung Ellenbogen

Eine Wandererzählung vom Ellenbogen aus der Thüringer Rhön von Waltraud Röding mit Fotos von Martin und Waltraud

Endlich ist es wieder so weit. Das Wetter ist wie geschaffen für eine Wanderung und so tauschen wir voller Vorfreude die Hausschuhe gegen die Wanderstiefel. Morgens um 8.00 Uhr starten wir in Würzburg. Ziel ist heute die Thüringische Rhön. Aus der Rhönline haben wir uns den Ellenbogen ausgesucht, den höchsten (?) Berg in der Thüringer Rhön. Vor allem das über den „weiten Blick ins Tal“ hat uns dazu bewogen.

Bereits bei der Ausfahrt Wildflecken verlassen wir die Autobahn, um die Rhön gleich „von Anfang an“ so recht genießen zu können. Noch ist wenig Verkehr auf den Straßen und wir können Augen und Gemüt an der maiengrünen Landschaft laben.

Vorbei an Oberbach und den Schwarzen Bergen biegen wir nach Bischofsheim ab und – da geht’s net weiter: Baustelle! Das Schild haben wir wohl übersehen. Also wieder raus aus Bischofsheim und kurz entschlossen doch auf die 278 statt wie geplant auf die Hochrhönstraße. Doch die Landschaft ist hier wie dort wunderschön.

Vor Frankenheim erinnert die Straße dann fast an die Serpentinen der Hochgebirge. Am Ortseingang begrüßt uns eine anschauliche Kuhherde. Da müssen wir natürlich anhalten um diese Idylle im Sonnenschein zu bewundern und zu fotografieren.

Wir fahren durch die Ortschaft und dann den Ellenbogen hinauf. Gleich auf dem 1. Wander-Parkplatz stellen wir das Auto ab und wählen einen Rundwanderweg aus. Der Weg Nr. 1 mit 6,5 km (bei uns werden das ohnehin immer mehr) scheint uns der Idealste zu sein.

Wir suchen an den Wegschildern die Nr. 1, aber die gibt es nicht, es gibt an den Wegweisern überhaupt keine Nummern, nur Zeichen, die aber wiederum nicht auf der aushängenden Wanderkarte sind. So ein Mist! Zum Glück sind auf den Wegweisern wenigstens die km angegeben und so kommen wir zu dem Schluss, dass der Weg mit dem roten Dreieck – das einzige Zeichen mit der km-Angabe: 6,5 km, wohl der Richtige ist. Also lassen wir uns heute von einem roten Dreieck leiten.

Gleich nach den ersten Schritten erkennen wir linkerhand den skurrilen Baum, den wir schon aus der „Rhönline / Berge & Kuppen“ kennen. Er wird gebührend bestaunt und – ganz klar – von allen Seiten fotografiert. Eines ist somit auch sicher: Wir sind auf dem richtigen Berg!

Dann wandern wir gerade aus weiter bis sich der Weg dreiteilt. Nun haben wir die Wahl zwischen geradeaus, dem Naturlehrpfad oder hinunter zum Thüringer Rhönhaus. Das rote Dreieck scheint den Weg geradeaus zu zeigen, aber ganz klar ist das nicht. Also beratschlagen wir und nehmen dann den Geradeausweg.

Dieser führt uns weiter durch den Wald. Die Flora ist hier oben doch einige Zeit hinter der unseren zurück. Noch blühen zarte Buschwindröschen, und Schlüsselblumen bilden helle Farbtupfer am Wegesrand. Löwenzahn leuchtet im frischen Grün des Grases wie kleine gelbe Sonnenbällchen und die Bäume zeigen ihr schönstes maiengrünes Blätterkleid. Wir bewundern die prallen Knospen an Bäumen und Sträuchern und deren Blätter, die sich, gerade erst der harten Schale entronnen, in einem einzigartigen Grün, das nur der Frühling hervorbringt, dem tiefblauem Himmel entgegenstrecken. Über all dem Schönen wölbt sich dieser klare unendliche Himmel mit kleinen weißen Wölkchen und eine freundliche Sonne bescheint diese Idylle. Schmetterlinge begleiten uns auf unseren Wegen, Käfer und allerlei Kleingetier genießen – wie wir – den Sonnentag.

Dann entdecken wir abseits ein kleines Gewässer, so dass wir uns entschließen, hier den „rechten Weg“ zu verlassen und uns den See anzuschauen.
Es ist ein kleiner, künstlich angelegter See mit einem Steg, am Ufer stellenweise unbewachsene Erde. Er scheint also noch ziemlich „neu“ zu sein.
Ken ersteigt einen daneben stehenden Hochsitz, um besser in die Runde blicken zu können, während wir anderen die laue Maienluft und diesen friedlichen Anblick genießen.

Mücken schwirren mit zartem Flügelschlag übers Wasser und es herrscht hier eine himmlische Ruhe, nur vom Murmeln eines am Wege entlang plätschernden Bächleins und vom zarten Klang der im Wind leise vor sich hinraunenden Blätter unterbrochen.

Wie es sich gehört, wandern wir dann zurück zum eigentlichen Wanderweg.

Der kleine Abstecher zum See war angenehm auf einem festgetretenen Pfad zu laufen, während der Rundwanderweg leider von Anfang bis Ende fast gänzlich geteert oder geschottert ist, was unseren Gelenken nicht gerade gut tut und uns später einen Wadenmuskelkater bescheren wird.

Nun biegt unser rotes Dreieck rechts ab, doch geradeaus vor uns laden Tisch und Bänke zur Rast ein. Nachdem wir bereits seit 8.00 Uhr unterwegs sind, haben wir schon richtig Hunger und so werden die Rucksäcke ausgepackt und zünftig gevespert.

Bei dieser Gelegenheit zieht sich Martin einen prächtigen Spreißel aus der neuen Holzbank ein, dorthin, wo man normalerweise ruhig darauf sitzt, und Sasja und Ken amüsieren sich köstlich, als ich ihn vorsichtig aus diesem wichtigen Körperteil Martins entferne.

Danach geht es dann satt und zufrieden (und Martins Rückseite frisch ‚entholzt‘) weiter, nun immer leicht bergab, vorbei an blühenden Frühlingswiesen und weiter durch einen lichten Maienwald.

Allerorts gluckern und glucksen Bächlein durch den Wald und am Wegesrand entlang, gesäumt von Vergissmeinnicht, Löwenzahn und anderen Frühlingsblumen. Und überall begegnen uns bemooste Steinfelder.

Rechts vom Wege erkennen wir nun eine steile, tiefschwarze Steinwand. Wir vermuten einen Steinbruch, von dem Wasser in einen kleinen See herunterrieselt. Träge liegt er milchig-grün in der Sonne, umgeben von Gestein und Wald und ein Hauch von Unergründlichkeit liegt über seiner undurchdringlichen Oberfläche.

Das sollte uns eine weitere Pause wert sein und Sasja und ich genießen den Anblick von einer kleinen Bank am Ufer aus. Die Füße weit von uns gestreckt, lassen wir uns von der Sonne bescheinen, und der Blick auf den stillen kleinen See macht auch uns träge. Hier könnten wir Stunden sitzen.

Gerade hier gelingt es mir, zwei der selteneren Exemplare der deutsch-amerikanischen „Rhönfoto-Hunter“ in abschussbereiter Phase abzulichten. Man beachte die grazile und doch entschlossene Körperhaltung und die absolute Konzentration der Jäger. Doch dieser ergötzliche Anblick ist vergänglich und wir ziehen weiter.

Unser Weg führt noch immer bergab bis er sich wieder teilt und wir nun endgültig nicht mehr wissen, wohin wir uns wenden sollen.

Wir entscheiden uns für den bergauf führenden Waldweg, fragen aber sicherheitshalber noch einige uns entgegenkommende Wanderer, wohin dieser führt. Man gibt uns die freundliche Auskunft, dass wir hier auf dem Weg zum Thüringer Rhönhaus sind und wir sind der Meinung, das hört sich gut an.
Nach einigen Schritten finden wir auch das in den Wald geworfene Hinweisschild.

Nun also wieder bergauf, aber noch sanft auf einem schönen Weg, auf dem im Sonnenlicht die Schatten der Blätter und Bäume tanzen. Auch hier begleitet uns ein kleiner Bach am Wegesrand mit seinen von Blumen bunt gesäumten Ufer.

Dann kommen wir an einer Kuhweide vorbei, werden freundlich aber desinteressiert von den thüringschen Rindviechern zur Kenntnis genommen.

An dieser Stelle erfreut uns ein herrlicher Ausblick in die umliegende Berg- und Hügelwelt.
Anders als wir es von der Bayerischen und Hessischen Rhön gewöhnt sind, bieten sich hier dicht bewaldete Kuppen unserem Auge.

Haben wir doch schon das eine oder andere Mal die oft gepriesene ‚freie Sicht‘ unserer anderen Ausflüge vermisst.

Und dann geht’s zünftig bergauf. Leider auch hier auf geschottertem Weg der von Autos befahren wird, die uns jedes Mal in dicke Staubwolken hüllen. Das ist recht unangenehm.
Die Sonne brennt inzwischen auf uns herunter und wir kommen ganz schön ins Schwitzen.

Die Wadln unserer Männerleut zeigen den ersten zartrosa Hauch, und der wird sich bis zum Abend in ein sattes Rot verwandeln.

Dann kommen wir an einem kleinen Tierpark vorbei. Ich habe ein gutes Gespräch mit einem prächtigen Schaf. Wir verstehen uns: Heiß ist’s, Durscht hamma! Aber: Ein schöner Tag! Endlich Sonne und Frühling!
Wir sind uns einig.

Vorbei am behaglich anmutenden Thüringer Rhönhaus marschieren wir nun weiter bergan Richtung Eisenacher Hütte.

Oben angekommen befinden wir uns wieder auf dem Anfangsstück unseres Rundwanderweges.
Wir bewundern noch einmal den ‚Rhönline-Baum‘ – ein Foto geht noch…, wandern vorbei an unserem geparkten Auto, Richtung Eisenacher Hütte.

Ja da geht’s heut gar nobel her. Eine große Anzahl roter Ferraries parken vor dem Hotel. Und weil wie keinen ‚kleinen Roten‘ dabei haben, steuern wir, am Restaurant vorbei, gleich den Biergarten an.
Bei einer Thüringer Rostbratwurst und Getränken ruhen wir unsere Füße aus und lassen es uns wohl sein.
Nach dieser Pause ‚erklimmen‘ wir dann noch den Ellenbogen-Gipfel, nicht weit von der Hütte entfernt.
Leider wird auch hier gebaut, Erde ist umgewälzt, Baufahrzeuge sind geparkt.

Aber der versprochene absolut grandiose Ausblick ins Ulstertal versöhnt uns mit all dem.
Wir lassen unsere Blicke in die blau-grüne Ferne schweifen, nur Wiesen, Wälder, Berge, Täler und Himmel. Einfach traumhaft schön!

Aber irgendwann müssen wir uns losreissen und der empfindlich kalte Wind hier ober erleichtert uns die Entscheidung.

Wir wandern einen blühenden Wiesenweg abwärts und kommen an einem malerischen Steinfeld vorbei.
Hier machen wir noch eine letzte Rast zum Schauen und Bewundern und dann sind wir wieder am Auto.

Da das Wetter so schön ist und die Uhr nicht zu weit vorgerückt, entschliessen wir uns zu einer Heimfahrt auf Bundesstraßen über Fladungen, Mellrichstadt, Bad Neustadt, Münnerstadt usw.

In Fladungen machen wir Halt, gehen ein Stück an der romantischen alten Stadtmauer entlang, vorbei an einem alten Mühlenrad, entdecken vor dem Heimatmuseum ein Schild vom ‚Koenigreich Bayern‘, welches unser Herz erfreut.

Gar manches schöne Fachwerkhaus säumt die Straßen, in denen schon die samstagnachmittägliche Stille herrscht.

Wir werfen einen Blick in die Kirche, in der eine Musikgruppe gerade Probe hat und entscheiden uns zu guter Letzt noch für einen abschliessenden Kaffee, aus dem dann jedoch Eisbecher und herzhafte Mahlzeiten werden.

Danach fahren wir endgültig gen Würzburg, immer durch ein frühlingsgrünes Land, vorbei an Beschaulichkeit und ländlicher Idylle.

Müde sind wir, auf eine gute Art. Die Lungen noch voller Rhönluft, die Gedanken in der grün-blauen Herrlichkeit dieses Maientages, so sind wir gerüstet für den Alltag zuhause.

Bis wir wiederkommen, zum Auftanken und Wohlfühlen…