Wandererzählung von Waltraud, mit Fotos von Waltraud, Martin, Sasja und Ken
27. Juli 2002 – Nachdem die vergangene Woche kühl, grau und verregnet war, der Wetterbericht aber für das Wochenende sommerliches Wetter versprochen hat, entschließen wir uns kurzerhand zu einer Rhönwanderung. Ziel soll heute der Parkplatz ‘Köpfchen’ sein.
Morgens in Würzburg schaut der Nebel durchs Fenster und das nehmen wir als gutes Zeichen. Wenn der erstmal hoch geht…. Auf der Autobahn wird der Nebel dann immer lichter, vereinzelt scheint uns schon die Sonne entgegen und bei der Abfahrt Fulda fahren wir im hellen Sonnenschein.
Durch den Ort Petersberg hindurch geht es Richtung Hilders. Eine sommerschwere Rhönlandschaft links und rechts der Straße heißt uns willkommen.
In Hilders fahren wir gleich rechts ab, vorbei am Thomas-Morus-Haus, Richtung Simmershausen. Beim Parkplatz ‚’Köpfchen’’ beginnt unsere heutige Wanderung, Rundweg Nr.4 mit 9 km und 156 m Höhenunterschied.
Gleich neben dem Parkplatz beginnt der Naturlehrpfad am Westhang des Auersberges zur Ruine Auersburg. Wir gehen durch einen lichten Wald und eine einzelne Glockenblume in strahlendem Blau, beleuchtet vom hellen Sonnenlicht, verführt mich zum 1. Foto des Tages, trotz leisen Kopfschüttelns von Martin ob meiner „50. Glockenblume“. Aber wenn die Sonne sie doch extra für mich so anstrahlt…
Zwischen dichten Waldstücken, die Wegränder von Waldmeisterblättern gesäumt, genießen wir auf der linken Seite immer wieder herrliche Ausblicke ins liebliche, noch leicht dunstige Tal.
Ein mit tausend Tautropfen besetztes Spinnennetz hängt zwischen Blättern und Ästen und gleißt auf im Strahl der Sonne. Und am Boden ziert der Tau die Gräser als wollten sie edelstein- geschmückt ein Tänzchen mit dem Wind wagen.
Vorbei am Ochsenborn führt uns der Weg und wir entdecken auf beiden Seiten des Weges zarte, gelbe Blumen.
Sie sind uns unter den Namen ‚Rühr-mich-nicht-an’ oder ‚Echtes Springkraut’ bekannt.
Wunderschön sind sie anzusehen wie sie sich im Lichte baden und von Unmengen von Schmetterlingen umschwirrt werden.
Nun sind wir an der Abzweigung zur Burgruine angekommen und biegen links ab. Auf dem Weg dorthin erfahren wir, dass heute Abend ein Fest in der Ruine stattfindet. Leider (für uns) stehen deshalb innerhalb der Burganlage überall Tische, Bänke, Schirme und Werkzeug herum und so ist sie fotografisch nicht so gut zu erfassen.
Aber bissle was geht immer.
Und oben auf der Aussichtskanzel, die nachträglich auf der Burgmauer angebaut wurde, hat man einen wirklich herrlichen Blick bis weit ins Ulstertal.
Auch der Zugang zum Keller wird gerade versperrt. Man erzählt uns, dass es darin Fledermäuse gibt. Schade, dass wir sie (oder sie uns?) jetzt nicht aufschrecken können.
Aber in Anbetracht des zu erwartenden abendlichen Alkoholkonsums (und natürlich auch der Dunkelheit) ist es wohl besser, wenn die etwas schwer begehbare Treppe abgeriegelt ist.
Wir verlassen nun die Burgruine, betrachten uns von außen die dicken Gemäuer, vom Laub der Bäume geschützt und laufen das kurze Stück zurück zu unserem eigentlichen Rundweg.
Linkerhand führt uns ein breiter Waldweg weiter, vorbei an sommerlicher Blumenpracht.
Auch hier wachsen die leuchtend gelben ‚Rühr-mich-nicht-an’ in regelrechten üppigen grün-gelben Wogen, im Schatten noch mit funkelnden Tautropfen auf den Blütenkelchen.
An der Menge unserer Springkraut-Fotos lässt sich unschwer erkennen, wie sehr uns diese gelbe Schönheit, die mich an offene Papiertüten oder Füllhörner erinnert, fasziniert.
Schmetterlinge schwirren leicht und zart in der warmen Luft, die nach feuchtem Holz und Moos, sonnenwarmen Gräsern und zarten Blüten duftet.
Der Weg geht langsam aber stetig durch einen Mischwald leicht bergab. Ein bisschen beunruhigt uns das, denn es ist klar, dass wir dann irgendwann auch wieder hinauf müssen. Aber der Juliwald nimmt uns mit seiner Wärme und Ruhe gefangen und so schreiten wir unverzagt weit aus.
Bald gluckert rechts von uns leise ein Bächlein entlang des Weges. Eine Schnecke kriecht mit träger Lässigkeit aufs nahe liegende ‚Ufer’ zu, streckt elegant ihre Fühler aus, als ob sie unsere Kameras und Fotoapparate entdeckt hätte und wird von uns zum ‚Model des Tages’ gekürt.
Dann entdecken wir einen gemütlichen Rastplatz, einen Tisch mit Bänken am Wegesrand, und beschließen, hier unsere Rucksäcke von Essbaren zu befreien.
Beim Auspacken der Brotzeit schauen wir dann etwas verdutzt. Hat doch jeder für den anderen auch noch etwas mit eingepackt und Martin ist sogar noch vor unserem Start beim Bäcker gewesen, und so könnten durchaus noch ein paar Wanderer bei uns mitvespern. Wir werden tun was wir können.
Richtig schön sitzt es sich hier. Hinter uns der dichte Nadelwald und vor uns der sonnen beschienene Weg mit Blick auf grüne Hecken und bunte Blumen. Ein Bauer wendet auf einer nahe liegenden Wiese das Heu und wir hören gedämpft das Rattern seines Traktors.
Düfte, Farben und Geräusche des Sommers streicheln unsere Sinne und ein Gefühl von ‚heiler Welt’ macht sich in uns breit.
Aber wir wollen ja noch weiter und so wird ein erheblicher Teil unserer Essensvorräte wieder in den Rucksack gepackt und fort geht die Wanderung. Ein kurzes Stück laufen wir noch durch den Wald.Hochsommerliche Blumenvielfalt lässt den Saum des Weges zu einem bunten Augenschmaus werden.
Nach einiger Zeit zweigt er bei einer malerischen Scheune nach rechts ab, führt ein kurzes Stück zwischen Wiesen und Weiden entlang, um am dunklen Waldesrand wieder nach links abzubiegen.
Eine traumhafte Aussicht wird uns beschert, bis zum Ort Tann und weiter können wir schauen, sehen den Tanner Kirchturm in seinem rot bedachtem Häuserbett und oben auf den Kuppen kleine Rhöndörfer, anmutend wie Spielzeughäuschen, verstreut von Kinderhand. Kühe grasen friedlich auf den Weiden und allerorts sind die Bauern auf ihren Wiesen beim Heumachen zu finden. Es ist die absolute Definition von Sommer.
Nach diesem erfreulichen Ausblick führt uns unser Weg wieder durch lichten Wald.
Jetzt erreichen wir die ‚Gänskutte’, eine Naturparkanlage mit einem stillen, im Sonnenlicht glitzernden Teich.
Kaskaden klaren Wassers fallen über Gestein und plätschern als Bächlein, von einem Steg überbrückt, in den See.
In weiten Teilen ist er dicht mit Wasserpflanzen bewachsen und leuchtet dunkelgrün auf, wenn die Sonnenstrahlen auf die stille Oberfläche treffen.
Eine große Schutzhütte steht hier. Tische und Bänke laden den Wanderer zur Rast ein. Kein Mensch ist weit und breit zu sehen und zu hören. Wir sind ganz allein in dieser schönen Anlage.
Außer dem Gesumme der Bienen und Insekten, dem Plätschern der kleinen Wasserfälle und dem Singen der Vögel stört uns kein Laut. Wir setzen uns eine kurze Weile in den Schatten, nehmen eine Runde aus der Wasserflasche und Sasja und ich sind entzückt, dass es hier doch tatsächlich eine geöffnete Toilette gibt, die dazu noch sauber ist. Jede Wandersfrau wird’s nachfühlen können. Dann marschieren wir weiter.
Am Bauernmarkt ‚Paradies’ biegt der Weg nun wieder nach rechts ab.
ein Stück weiter führt er nach links, vorbei an herrlichen Wiesen und unter einer heißen Sonne. Hier mach ich mal kurz Stopp um mein inzwischen feuchtes T-Shirt gegen ein luftigeres und – noch – trockeneres zu tauschen. Außer ein paar gelangweilt wirkenden Rindviechern nimmt niemand davon Kenntnis. Na ja.
Allerorts flattern Schmetterlinge durch die Luft, lassen sich anmutig auf Blüten und Gräsern nieder und fliegen just in dem Moment davon, wenn wir den Auslöser der Kamera drücken. Aber es gelingen uns doch einige Glückstreffer.
Am Ende des Wiesenpfades laufen wir jetzt nach rechts. Auch hier wird fleißig gemäht und der Duft von frischem Heu erfüllt die Luft – und lässt den Martin kräftig niesen.
Zahlreich blüht der Wiesenknopf mit seinen dunkelroten Köpfchen und rosafarbene Blütenwellen von Weideröschen wogen neben dem Feldweg.
Jetzt kommen wir vorbei an goldgelben Getreidefeldern, im Hintergrund Weidevieh auf den satten Wiesen und grüne Hügel vor einem tiefblauen Himmel schließen dieses fantastische Bild ab.
Nun taucht ein ganzes Kamillenfeld auf, leuchtend weiß mit gelben Tupfen in der Sommersonne.
Dann setzen sich unsere beiden Männer erstmal auf eine Bank um auf Sasja und mich zu warten, die wieder gucken und rumtrödeln. Ganz schön heiß ist uns inzwischen, die Sonne scheint nun nicht mehr nur warm, sondern brennt ziemlich unerbittlich auf uns herab. Unter unseren Rucksäcken sind wir pitschnass geschwitzt.
Hier kommt ein Gemüsefeld mit Kohl, Zwiebeln usw. in unser Blickfeld. Ich nehme mir eine tiefe Nase voll mit dem Geruch sonnendurchtränkten Gemüses. Es riecht wie damals in Omas Garten, in den Ferien auf dem Lande. Ach ja …
Doch weiter geht es. Wir nähern uns dem Ort Simmershausen.Sein Kirchturm begrüßt uns schon von weitem. Truthähne und Enten liegen im Schatten der Gärten.
Eine Ziegenherde springt durch ihr Gehege, doch wir haben nur noch einen Gedanken: ‚Hoffentlich gibt es im Ort was zu trinken!’
Mit hängender Zunge (sinnbildlich !!!) erreichen wir die Gastwirtschaft, zum Glück eines der ersten Häuser des Dorfes. Hier füllen wir unsere Flüssigkeitsreserven wieder auf, damit wir später auch wieder ordentlich schwitzen können.
Die Beine faul unter dem Tisch ausgestreckt, mit vollen Gläsern vor uns, sieht alles gleich wieder besser aus. Aber beim Aufstehen merken wir plötzlich doch so einige Muskeln, die sich sonst weitaus unauffälliger verhalten. Wir spazieren jetzt durch Simmershausen, statten der Pfarrkirche einen Besuch ab, die allerdings, wie wir befürchteten, geschlossen ist. Kein Ort also, an dem ein müder Wanderer ein kleines ‚Danke’ sagen könnte; ein Bedürfnis, das mich in der Schönheit der Rhön immer wieder mal überkommt, und das, obwohl ich nicht unbedingt ein ‚frommer’ Mensch bin.
im Ort Jetzt laufen wir am Bach entlang zum Dorfausgang. Dort führt unser Weg rechts bergauf. Im Wanderheftchen heißt es lapidar: Sie wandern am Osthang des Auersberges durch offene Feldfluren und Simmershausen zum Ausgangspunkt zurück.
Aber der Weg hat es an einem heißen Sommertag in sich. Erstmal geht es ab dem Bauernmarkt (nach der Gänsekutte) fast immer in praller Sonne durch Feld und Flur, und nach Simmershausen wird’s heftig, zumindest für uns. Der anfangs asphaltierte Weg führt in der Sommerhitze stetig bergauf und gibt noch von unten Hitze ab.
Es kommt uns vor, als liefen wir dieses Wegstück schon seit fünf Kilometern und als schiene es sich in der Hitze des Tages ins Endlose zu verlieren.
Zum Glück gibt es dann doch noch ein schattiges Plätzchen mit einer Bank, wo wir auch eiligst unsere Wasserflaschen hervorholen und ein ‚Abkühlungspäusle‘ machen.
Nach dieser kurzen Rast wandern wir, inzwischen total verschwitzt, mit beginnendem Muskelkater in den Waden, müde und ziemlich groggy das letzte Wegstück aufwärts.
Endlich am Parkplatz angelangt (unsere Hände schleifen fast am Boden, Kopf dazwischen, sozusagen die Evolution rückwärts) lassen wir nochmals die Wasserflaschen kreisen. Martin zieht sein Hemd aus und lässt es an der offenen Autotüre trocknen und wir genießen das angenehme Plätzchen, ruhen uns erstmal aus, kühlen uns ab im Schatten.
Dann fühlen wir uns fit für die Rückfahrt. So fit, dass wir noch auf den Farnsberg fahren und uns im Berghaus Rhön einen Apfelstrudel mit Eis schmecken lassen. Inzwischen ist es abendlich kühl, wir spazieren um den kleinen See beim Berghaus herum und dann geht es endgültig heimwärts.
Aber da haben wir den Martin unterschätzt. Der macht uns noch den Sonnenuntergang auf der Platzer Kuppe schmackhaft. Da sind wir uns schnell einig, wenn es dem Fahrer nicht zuviel wird, dann rauf aufm Berg.
Wir fahren also Richtung ‚Platz‘, plötzlich kommen uns am Himmel mindestens sechs bis acht Heißluft-Ballons entgegen.
Einer setzt wohl zur Landung an und wir verfolgen ihn unerbittlich. Aber jetzt schwenkt er ab über die Häuser von ‚Platz‘, dann eben nicht. Müsst ihr landen ohne von uns fotografiert zu werden. Wir suchen nun die Auffahrt zur Platzer Kuppe. Nachdem wir erstmal vorbei gefahren sind, entdecken wir dann doch den Hinweis zum Wanderparkplatz.
Wir fahren bis zum Parkplatz (nicht ganz hinauf, darf man nicht), gehen aber doch so weit, dass wir mit einem herrlichen Sonnenuntergang belohnt werden.
Ein würdiger Abschluss dieses wunderschönen Tages in unserer geliebten Rhön.
Vom letzten Sonnenstrahl beschienen, leuchten noch einmal die Weideröschen in kräftigem Rosa auf und dann kommt die Dunkelheit und wir fahren endgültig nachhause.
Mit müden Gliedern sitzen wir im Auto, in Gedanken dort oben auf den lieblichen Höhen der Rhön.
Und wenn wir die Augen schließen (Neiiin! Nicht der Fahrer!), dann sehen wir noch die rot-goldenen Strahlen der Abendsonne, die sich sanft leuchtend über Wald, Feld und Wiesen legen.
































