Rhönpaulus

Wie wohl viele deutsche Regionen hat auch die Rhön eine legendäre Sagengestalt – den Rhönpaulus, der als „edler Räuber“ oder auch „Robin Hood der Rhön“ bekannt wurde.

Rhönpaulus

Johann Heinrich Valentin Paul wurde am 5. Februar 1736 als „unächtes“ Kind (uneheliches Kind) der Hanna Regina Paul in Weilar geboren.

Die Mutter stammte aus Hildburghausen und diente beim Weilarer Gutsschäfer. Der Vater war ein Hildburghäuser Soldat, der sich nie um seinen Sohn kümmerte.  Als Johann Heinrich Valentin gerade mal 5 Jahre alt war, starb seine Mutter.

Nun wuchs er bei seinem Onkel, dem Gutsschäfer von Weilar auf, wo er harte Dienste verrichten musste.  Später arbeitete er als Schäferknecht am Kohlbachshof bei Roßdorf.

Mit 20 Jahren zog er aus Kummer, weil ihm die Heirat zu einer reichen Glattbacher Bauerntochter verwehrt war, als Soldat in den Siebenjährigen Krieg (1756-1763). Bereits 1764 desertiert er nach einer Verwundung und kehrte in seine Heimat zurück.

Als Unterschlupf, um nicht gefunden zu werden, wählte er eine Höhle im Neuberg, die so genannte „Paulushöhle“, im Ibengarten in der Nähe von Glattbach. Zu dieser Zeit war Paulus besitzlos. Er verdingte sich als Gelegenheitsarbeiter und Handwerker. Da die wenigen Naturalien, die er als Vergütung erhielt, oft nicht zum Lebensunterhalt reichten, beging er kleinere Diebstähle, vorwiegend bei wohlhabenden Bauern.

Meist war es wohl Mundraub. Desgleichen  trieb er sich als Wegelagerer und Schmuggler zwischen Wiesenthal, Andenhausen, Dermbach und Tann umher. Gewalt hat er immer vermieden und Bedürftige nie bestohlen. Vielmehr half er die Not der Armen zu lindern, indem er ihnen beistand und ihnen gern etwas zusteckte.

Besonders verbreitet war der Schmuggel mit Salz. Auch Paulus macht sich des Schmuggels mit dem damals teuren Würzmittel schuldig und hat wohl so manchen Sack über die Grenze nach Hessen geschleppt.

Mehrmals wurde er gefasst und im Turm des Schlosses in Kaltennordheim eingekerkert. Es gelang ihm aber der Fessel zu entkommen und zu fliehen.

Pauluskasten

1780 machte man ihm „Wegen Abschuss der schönsten Hirsche“, weiterer Wilddiebereien und Räubereien kurzen Prozess. Er wurde zum Tode verurteilt und im „Pauluskasten“, das Original kann im Dermbacher Heimatmuseum besichtigt werden, zum Galgen am Neuberg gebracht, um hingerichtet zu werden. Den „Pauluskasten“ fertigte man aus Vorsicht an, damit Paulus beim Transport vom Gefängnis zum Galgen nicht entfliehen konnte.

Bis vor wenigen Jahren war der Höhleneingang noch gut zu erkennen. Inzwischen ist er völlig verschüttet.

Rhön-Paulus
Holzskulptur des Rhönräubers auf dem Glattbacher Dorfplatz

Schnitzer und Holzbildhauer haben versucht, dem Rhönpaulus Gestalt zu geben. Seit 1995 steht eine lebensgroße Holzskulptur des Rhönräubers, vom Unteralbaer Bildhauer Manfred Bellinger geschaffen, auf dem Dorfplatz in Glattbach.

Der Rhönklub widmet dem Rhönpaulus einen ca. 84 km langen Wanderweg. Der Rhön-Paulus-Weg folgt der Spur eines Teils seines Lebens und führt zu einigen Stätten, die durch Anekdoten überliefert wurden.

Geschichten vom Rhön-Paulus

Der Rhönpaulus von Bodo Kühn

In Friedelshausen saß Paulus unerkannt zwischen Bauern, die ihren Abendschoppen tranken. Über das Wetter, die Ernte kam das Gespräch auch auf den allseits bekannten Rhönräuber. Man erzählte von seinen begangenen Taten, die sich unser Paulus ganz gemütlich anhörte. Nach einer Weile zahlte er und ging. Im Dorf traf er den bewaffneten Gemeindediener und bat ihn, im Wirtshaus die Gäste von Paulus, dem „Räuber der Rhön“ zu grüßen.

Der Gemeindediener dachte sich weiter nichts bei dieser freundlich vorgetragenen Bitte und richtete sie aus. Schimpfend fielen die Gäste über den Gemeindediener her und wollten wissen, warum er ihn nicht festgenommen habe, das sei nämlich höchstpersönlich Paulus selbst gewesen. Auch der Gemeindediener merkte, welche Torheit er begangen hatte, aber Paulus war schon über alle Berge.

Hinter der Würzburg-Tanner-Grenze traf Paulus einmal einen Andenhäuser Schmuggler, der mühsam einen schweren Salzsack die Anhöhe hoch trug. Vom Mitleid erfasst, trug dann Paulus dem erschöpften Mann den Sack ein Stück des Weges, damit dieser wieder etwas zu Kraft kommen konnte. Kaum hatte Paulus den Sack wieder abgegeben, als zwei Grenzwächter erschienen. Der Mann ließ den Sack fallen und nahm Reißaus.

Die Grenzwächter verfolgten den Schmuggler und kümmerten sich nicht um Paulus. Dieser nahm seelenruhig den Sack wieder auf und trug ihn nach Klein-Fischbach, wo er ihn gegen zwei Taler verkaufte und auch noch Abendbrot erhielt. Auf dem Rückweg schob Paulus dem armen Schmuggler das erlöste Geld durchs Fenster und ging, ohne ein Wort zu sagen, weiter.

Ein andermal verkaufte ein reicher Bauer zu Glattbach ein paar fette Ochsen an einen Metzger. Als er nun sein Geld abends bei Licht nochmals zählen wollte, und sein kleiner Sohn nach den blanken Talern griff, um damit zu spielen, drohte er ihm, das ganze Geld dem Paulus geben zu wollen. Aber das Kind hielt keine Ruhe. Da strich der Bauer ärgerlich die Taler in den Beutel, schob das Fenster auf und hielt ihn mit den Worten hinaus: „Da, Paulus, hast du das Geld.“ – Und der ließ sich so eine Aufforderung nicht zweimal sagen, griff zu und verschwand.