Geschichte der Sinntalbahn Jossa – Wildflecken

Entsprechend dem Zeitgeist in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand im damaligen Bezirk Brückenau das Bedürfnis nach Teilnahme an den zunehmenden Verkehrsströmen durch das neue Verkehrsmittel „Eisenbahn“.

Der erste bekannte schriftliche Aktenvorgang hierzu vom 1. August 1864 ist eine Petition der Stadtverwaltung Brückenau an die damalige Regierung von Unterfranken. Aufschwung erlebte das Projekt mit der Gründung eines „Eisenbahn-Komitees“ in Brückenau am 18. November 1884.

Sinntalbahn

Durch das „Gesetz betreffend Bahnen von lokaler Bedeutung“ vom 28. April 1882 hatten sich jedoch zwischenzeitlich neue Hürden aufgetan. Demnach musste der Grund und Boden für eine Nebenbahn von den örtlichen Interessenten der Staatsbahn kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Für den Bezirk Brückenau bedeutete dies, den Ankauf des gesamten erforderlichen Grundes (einschließlich des preußischen Gebietes) über ein Darlehen zu finanzieren.

Planung der Strecke

Nachdem bereits in der Ausschusssitzung des bayerischen Landtages vom 9. Februar 1888 der Bau der Bahn Jossa – Brückenau einstimmig befürwortet wurde, erfolgte am 8. März die Erteilung der Genehmigung durch die Abgeordnetenkammer in München. Vor dem Baubeginn waren weitere planerische Maßnahmen durchzuführen, die von einer „Eisenbahnbau-Sektion“ übernommen wurden. Sie nahm ihre Tätigkeit in Brückenau am 15. Oktober 1888 auf.

Einer der Gründe für das langwierige Planungsverfahren bis zur Ausführung der Lokalbahn war die Beteiligung zweier Staatsbahnen, die zunächst zu langwierigen Verhandlungen mit den preußischen Behörden über die Nutzung des Anschlussbahnhofes Jossa führten. Das Ergebnis war ein am 19. Dezember 1888 abgeschlossener Staatsvertrag zwischen Bayern und Preußen „über den Bau einer Bahn von Jossa nach Brückenau“.

Am 14. April 1890 begann der Grunderwerb für die Bahn Jossa – Brückenau auf bayerischer und am 6. Mai in Altengronau auf preußischer Seite. Für die Finanzierung musste beim Bankhaus Strupp in Meiningen ein Darlehen in Höhe von 60.000 Mark aufgenommen werden, das über 46 Jahre hinweg bei 3,5 % Zinsen zu tilgen war.

Am 20. Juni 1890 erfolgte die Submission für die Bauarbeiten auf der Strecke, aufgeteilt in drei Lose. Einziger Bieter war die Firma Putz und Merck aus Passau.

Baubeginn

Über den ersten Spatenstich berichtete der „Brückenauer Anzeiger“ am Dienstag, den 1. Juli 1890:

Brückenau, 30. Juni. Morgen soll der erste Spatenstich zur Lokalbahn Brückenau – Jossa getan werden. Die Unternehmer Herren Putz und Merck sind seit einigen Tagen hier eingetroffen. Ein Teil ihrer Arbeiter soll heute eintreffen, während der andere Teil aus der hiesigen Gegend genommen.

Ohne große Änderungen – der Betrieb der Bahn in den ersten Jahren

25.07.1891 Empfang der ersten Lokomotive in Brückenau Bad durch die Einwohner und Kurgäste

09.10.1891 Offizielle Eröffnung der Bahnstrecke Jossa – Brückenau mit dem Probezug, der in Jossa die Prüfungskomission aufnimmt

15.10.1891 Eröffnung des Streckenverkehrs auf den Bahnstationen Altengronau, Zeitlofs, Rupboden, Brückenau Bad, Brückenau Stadt und den Haltepunkten Trübenbrunn, Eckarts, Wernarz und Sinnthalhof

12.06.1898 Abreise der Kaiserin von Österreich (Sissy) mit dem Sonderzug von Brückenau Bad aus

01.05.1900 Alle vier Zugpaare verkehren nun mit Bahnpost

03.12.1901 Der „Brückenauer Anzeiger“ kündigt aufgrund des hohen Güteraufkommens das Eintreffen stärkerer Lokomotiven an

22.06.1902 Anlässlich der Einweihung des „Prinz-Rupprecht-Heimes“ trifft Prinz Rupprecht von Bayern am Bahnhof Brückenau Stadt zur Teilnahme an den Feierlichkeiten ein

In den ersten zwei Jahrzehnten des Betriebes änderte sich an den Abläufen und den Bahnanlagen entlang der Strecke nicht viel. Lediglich das Empfangsgebäude in Brückenau Bad wurde wegen des zunehmenden Kurbetriebes nach der Jahrhundertwende aufgestockt und vergrößert.

Fahrplan Winter 1891
Fahrplan Winter 1891

Weiterbau bis Wildflecken

Auf weiteren wirtschaftlichen Aufschwung hoffte man durch die anstehende Verlängerung der Strecke in das obere Sinntal bis Wildflecken. Die Baukosten für dieses Teilstück waren von staatlicher Seite mit 847.500 Mark veranschlagt. Dazu kamen weitere 91.500 Mark, die von den anliegenden Gemeinden für den Grunderwerb und die Anschlusskosten der 13,648 km langen Strecke aufzubringen waren.

Plan

28.02.1903 Der Distriktsrat Brückenau beschließt die Übernahme der Grunderwerbskosten von 70.000 Mark für die Bahn nach Wildflecken

17.06.1904 Der Bayerische Landtag bewilligt die Weiterführung der Strecke bis Wildflecken

04.06.1907 Der Grunderwerb zum Bahnbau Brückenau – Wildflecken wird in Wildflecken vorgenommen

01.10.1907 Beginn der Bauarbeiten zum Bau der Lokalbahn Brückenau – Wildflecken an beiden Endpunkten

12.12.1908 Probefahrt auf der neuen Teilstrecke Brückenau – Wildflecken mit „Dienstsonderzug Jo 21“ (Zuglok PtL 2/2, Nr. 4505)

17.12.1908 Offizielle Eröffnung der Strecke Brückenau – Wildflecken

19.12.1908 Eröffnung des fahrplanmäßigen Verkehrs auf der neuen Teilstrecke Brückenau – Wildflecken

Sommerfahrplan 1909
Sommerfahrplan 1909

Routinebetrieb bis zum 1.Weltkrieg

Anzeige

In den folgenden Jahren herrschte Routinebetrieb bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges. Der geplante Weiterbau bis Bischofsheim kam jedoch nicht zustande.

08.06.1910 Durch Funkenflug einer vorbeifahrenden Lok brennt in Oberriedenberg das Wohnhaus des Bahnagenten Josef Hildmann ab

15.01.1920 Aufgrund von Kohlenmangel wird der Güter- und Personenverkehr zeitweise völlig eingestellt

Oberbach

08.10.1922 Aufhebung der unbesetzten Haltestellen Trübenbrunn, Eckarts, Wernarz, Sinnthalhof und Brückenau Ost

08.11.1923 Schließung der Bahnagentur Römershag und Umwandlung in einen unbesetzten Haltepunkt

Vergrößerung der Bahnhofsanlagen

Mitte der 20er Jahre machten die gestiegenen Beförderungsleistungen eine Vergrößerung der Bahnhofsanlagen in Bad und Stadt Brückenau erforderlich.

Lok

01.01.1925 Wiederinbetriebnahme des Haltepunktes Brückenau Ost

15.03.1925 Der erste Wintersportsonderzug Würzburg – Wildflecken verkehrt

01.06.1925 Wiedereröffnung der Bahnagentur Römershag

01.06.1926 Der ehemalige Haltepunkt Wernarz wird in den Sommermonaten wieder angefahren

27.02.1927 Der neu errichtete Haltepunkt Eckarts wird in Betrieb genommen

Stempel

Mit dem Bau eines neuen Lokschuppens in Brückenau wurde 1928 begonnen, es folgte der grundlegende Umbau des Empfangsgebäudes „Brückenau Stadt“ 1933.

15.05.1933 Eröffnung des Streckenverkehrs mit den Triebwagen „VT 137“

08.10.1933 Einführung der Bezeichnung „Altengronau Süd“

15.05.1934 Die Streckennummer ändert sich von „116h“ in „416h“ 

Materialanlieferung für die Großprojekte „Reichsautobahn“ und „Truppenlager Wildflecken“

Sinntalbahn

15.05.1936 Die Strecke gehört jetzt zur Reichsbahndirektion Frankfurt/Main. Die Lokomotiven werden planmäßig vom Bw Elm gestellt

1937 wurde mit dem Bau der „Reichsautobahn Fulda (Eckarts) – Würzburg“ begonnen. Der Bahnhof Rupboden lag nahe der Baustelle, daher wurde er als zentraler Anlieferungsbahnhof für das Baumaterial der zahlreichen Unterführungsbauwerke sowie der vorgesehenen Fahrbahn aus Beton ausgebaut. Ein anderes Großprojekt war der Bau des „Truppenlagers und des Truppenübungsplatzes Wildflecken“ ab 1938. Auch hier wurde das Baumaterial zum überwiegenden Teil mit der Bahn herbeigeschafft.

01.12.1937 Zugunglück bei km 11,0 (Schmitthof). Die Lokomotive und drei Personenwagen werden schwer beschädigt, 16 Reisende verletzt

Im Jahre 1938 traten verschiedene maßgebende Veränderungen im Betriebsablauf und an den Bahnanlagen ein. Sämtliche Bahnagenturen wurden in Bahnhöfe umgewandelt und mit Signalanlagen ausgerüstet. Grundlegend umgebaut wurden die Betriebsgebäude in Rupboden, Oberriedenberg und Wildflecken. In Rupboden wurde ein Ladegleis für Materialanlieferungen zur Reichsautobahnbaustelle installiert und in Wildflecken mit der Anlage des Militärbahnhofes begonnen.

14.01.1939 Am Bahnhof Brückenau Stadt treffen 50 sudetendeutsche Kinder ein

04.09.1939 Eintreffen von 1.500 Evakuierten aus der Pfalz und von der Saar mit Sonderzügen in Brückenau

Die beiden Stellwerke in Brückenau wurden 1940 in Betrieb genommen und lösten das Schrankenwärterhäuschen am Übergang Gasthaus „Grüner Baum“ ab.

2. Weltkrieg – Hauptnutzer Wehrmacht

Mit dem Fortschreiten des 2. Weltkrieges wurde der Endbahnhof Wildflecken zunehmend für militärische Zwecke erweitert. Bis zum Jahre 1942 war der Ausbau der Anlagen zur MUNA (Munitionfabrik im heutigen Oberwildflecken) sowie der Verladeanlagen der Wehrmacht weitgehend abgeschlossen. Im westlichen Bahnhofsbereich entstand eine Lokstation mit Drehscheibe, Kohlenbansen und Ausschlackgrube. Ein Lokschuppen war geplant, kam jedoch nicht mehr zur Ausführung. Neben den Munitionstransporten fuhren Tag und Nacht Züge des Heeres von und nach Wildflecken, da auf dem Übungsplatz neue Einheiten – besonders für den Osteinsatz – aufgestellt wurden.

15.04.1942 Inbetriebnahme der mechanischen Signalanlagen im Bahnhof Brückenau Stadt

01.11.1942 Schließung der Verkaufsstelle und Auflassung des Haltepunktes Brückenau Ost

Im Laufe des Jahres 1944 wurde der Betriebsdienst zunehmend durch direkte Kriegseinwirkungen behindert. Obwohl nun oftmals Flugabwehrgeschütze in die Züge eingereiht wurden, nahm die Häufigkeit von Tieffliegerangriffen mit dem Näherrücken der Frontlinie stetig zu. Daneben kam es in steigendem Maße zu Materialausfällen aufgrund mangelnder Wartungs- und Reparaturmöglichkeiten an den Fahrzeugen. Durch die vorgenommenen Aufrüstungsmaßnahmen hatte die Nebenstrecke zu diesem Zeitpunkt ihren betriebstechnischen Höhepunkt erreicht!

29.05.1944 Tieffliegerangriff auf den Lokschuppen in Brückenau sowie auf fahrende Züge auf der Strecke

09.10.1944 Fliegerangriff auf einen Güterzug in Riedenberg.

Skizze

17.2.1945 Ein Pulverzug wird im Bahnhof Rupboden durch Tiefflieger beschossen, wobei die Lokomotive stark beschädigt wird

20.02.1945 Tieffliegerangriff bei Unterriedenberg auf einen Transportzug. Dabei werden zwei Mann schwer verletzt und die Lok stark beschädigt. Bei anschließenden Angriffen auf den Bahnhof Brückenau Stadt werden die Maschinenhalle und ein Stellwerk leicht beschädigt

30.03.1945 Durch Tieffliegerbeschuss wird in der MUNA eine Lok beschädigt. Am Nachmittag wird ein Zug bei Rupboden ebenfalls beschossen, wobei der Lokführer verletzt wird

„Inselverkehr“ durch gesprengte Brücken

03.04.1945 Sprengung der Eisenbahnbrücke bei Jossa durch deutsche Truppen

27.07.1945 Explosion von zwei Munitionszügen der Wehrmacht im Bahnhof Oberriedenberg

01.08.1945 Die Zuständigkeit für die Strecke Jossa – Wildflecken wechselt von der Reichsbahndirektion (RBD) Frankfurt/Main zur RBD Kassel

01.11.1945 Der Bahnpostverkehr wird wieder aufgenommen. Aufgrund der gesprengten Jossa-Brücke und der ebenfalls zerstörten Mittelbachbrücke bei Riedenberg war zunächst nur ein Inselverkehr zwischen Altengronau und Oberriedenberg möglich.

01.01.1946 Die Streckenzuständigkeit wechselt von der RBD Kassel zur RBD Nürnberg.

01.10.1949 Der Bahnpostverkehr geht ab jetzt bis Oberwildflecken

27.10.1951 Die neuerbaute Jossa-Brücke wird dem Verkehr übergeben

27.07.1952 Der Eisenbahnersportverein (ESV) Brückenau eröffnet auf dem Bahngelände sein Sportheim

Neuorganisation 1955

Durch eine Neuorganisation wurden ab 1. August 1955 die Bahnhöfe Brückenau Stadt und Wildflecken zu Haupt- und die Bahnhöfe Altengronau Süd und Rupboden zu Nebendienststellen. Alle anderen Haltestellen verloren ihre Selbständigkeit.

17.05.1957 Inbetriebnahme eines zweiten Bahnsteiges beim Haltepunkt Eckarts

01.03.1962 Die Stückgutabfertigung auf den Bahnhöfen Römershag und Oberriedenberg wird eingestellt.

Schrittweiser Niedergang

01.01.1963 Schließung der Agentur Oberbach

01.07.1963 Schließung der Agentur Römershag

31.12.1963 Einstellung des Werkverkehrs nach Oberwildflecken

16.01.1965 Abbruch des Gebäudes an der ehemaligen Haltestelle Brückenau Ost

Mit der Schließung der Bahnbetriebswerk-Außenstelle Brückenau Stadt ging zum 1. Oktober 1965 die 74jährige Tradition als Stationierungsort eigener Lokomotiven zu Ende. Einsatzstellen waren nunmehr nur noch Gemünden und Schweinfurt.

22.12.1965 Verkauf des Bahnhofsgeländes in Oberbach an die Gemeinde

22.05.1966 Mit dem Sommerfahrplan 1966 wird der Sonntagsverkehr mit der Bahn ein- und auf Busbetrieb umgestellt

25.05.1968 Der letzte Bahnpostwagen verlässt geschmückt die Strecke

01.03.1969 Die Agentur Zeitlofs wird geschlossen

01.06.1970 Auflösung aller Stückgutbahnhöfe auf der Strecke mit Ausnahme von Brückenau Stadt

28.05.1972 Änderung der Streckennummer von „192 f“ in „508“

18.06.1973 Ausbau der Weichen 1 und 2 am Haltepunkt Brückenau Bad

01.09.1973 Auflösung der Nebendienststelle Altengronau Süd. Die Hauptdienststelle Wildflecken wird gleichzeitig Nebendienststelle des Bahnhofes Brückenau Stadt. Bahnhof Oberriedenberg und Haltepunkt Oberbach werden an den Bahnhof Brückenau Stadt angegliedert

28.09.1974 Dampfsonderzug von Wiesen nach Wildflecken mit Lok 24 009

01.10.1974 Der Bahnhof Oberriedenberg ist nicht mehr besetzt. Die Nebendienststelle Wildflecken wird aufgehoben und dem Bahnhof Brückenau Stadt angegliedert

01.04.1976 Aufhebung des Güterabfertigungsschalters im Bahnhof Brückenau Stadt

01.03.1977 Aufhebung des Güterladedienstes im Bahnhof Brückenau Stadt

09.05.1977 Bei Baumaßnahmen werden die letzten Weichen sowie die Signalanlagen des Bahnhofes in Oberriedenberg abgebaut

25.05.1977 Umwandlung des Bahnhofes Oberriedenberg in einen Haltepunkt

01.07.1977 Umwandlung der Hauptdienststelle Brückenau Stadt in eine Nebendienststelle des Bahnhofes Gemünden/Main

12.07.1977 Ein Gleismesstriebwagen befährt den Streckenabschnitt Wildflecken – Anschluss Arnsberg

31.12.1979 Umwandlung der Nebendienststelle Brückenau Stadt in eine Außenstelle des Bahnhofes Gemünden

23.05.1982 Zum Fahrplanwechsel (Sommer 1982) wird der Samstags-Zug durch Busse ersetzt. Nach Wildflecken fährt nur noch ein Zugpaar

Ende des Personenverkehrs

26.12.1986 Der Verwaltungsrat der Bundesbahn beantragt beim Bundesverkehrskehrsministerium die endgültige Einstellung des Personenverkehrs auf der Strecke Jossa – Wildflecken

Fahrplan 1987-88

26.05.1988 Wegen Ausfall des Schienenbusses in Jossa wird der planmäßige Personenzug ausnahmsweise mit der Diesellok 211 021-1 und einem Umbauwagen gefahren

27.05.1988 Abschiedsfahrt des letzten Schienenbusses mit planmäßigem Personenverkehr. Gleichzeitig werden die Bahnhöfe in Bad Brückenau Staatsbad, Rupboden und Altengronau geschlossen

25.09.1989 Das Abstellgleis im Bahnhof Bad Brückenau Staatsbad wird stillgelegt

12.02.1990 Rückbau der Schrankenanlage und Abzug des Schrankenwärters am Bahnübergang in Zeitlofs sowie Abbau des Wartehäuschens

25.5.1990 Letzter Gepäck- und Expressguttransport.

17.03.1994 Letztmals findet Güterverkehr zum Anschluss „Arnsberg“ für die US-Armee statt

13.01.1996 Abbau sämtlicher noch auf der Strecke Jossa – Wildflecken vorhandenen Signalanlagen und Umstellung auf „vereinfachten Zugbetrieb“

16.01.1996 Der Schalter im Bahnhof Wildflecken wird als letzter auf der Nebenstrecke geschlossen

06.05.1996 Abbau der Aussichtsbrücke am Stellwerk „Bf“ in Bad Brückenau

27.08.1998 Der Gleisanschluss „Arnsberg“ der Bundeswehr (Bekleidungsamt Süd) wird ab sofort freigegeben

Quo vadis Sinntalbahn?

24.09.1998 Abbau der Anrufschranke in Bad Brückenau Staatsbad und Ersatz durch eine Handschranke

06.11.2000 Abzug des letzten ständig Beschäftigten von DB Cargo aus dem Wildfleckener Bahnhof

Derzeit finden noch Verhandlungen über den zukünftigen Bahnbetrieb statt, nachdem von Seiten der DB (Netz) die Abgabe bzw. Stillegung der Strecke angestrebt wird.

Streckenbeschreibung aus dem Jahre 1887

„Die Lokalbahn Jossa – Brückenau folgt vom Nordende der Ausgangsstation mit 11,1 Prom. (1:90) ansteigend zunächst auf 950 Meter Länge der bestehenden Bahnstrecke Elm – Gemünden, deren Doppelbahnkörper sammt dem in dieser Strecke befindlichen hohen Jossa-Viadukte für die Aufnahme des Lokalbahngeleises dienen soll und zweigt alsbald nächst dem dortigen Wärterposten in nordöstlicher Richtung gegen die Sohle des Sinnthales ab. Von diesem etwa 30 Meter über der Thalsohle liegenden Abzweigungspunkte fällt alsdann die Bahn längs des rechtseitigen Thalhanges gegen die Thalniederung der Sinn, welche in unmittelbarer Nähe des mit einer Haltestelle in Kilometer 2,4 zu versehenden Dorfes Altengronau erreicht und sofort in geringer Höhe und unter günstigen Verhältnissen überschritten wird. Die Bahn tritt nunmehr an den linksseitigen Thalhang, hebt sich an diesem, da der Ort Zeitlofs bergwärts umgangen werden muß, die Landesgrenze überschreitend, bis zu der Haltestelle Zeitlofs südöstlich des Ortes, erreicht mit weiterer Ansteigung die von Zeitlofs nach Roßbach führende Straße, senkt sich sodann wieder und zieht längs der Straße nach abermaliger Ueberwindung eines vortretenden Rückens zu dem Orte Trübenbrunn, für welchen in Kilometer 8,6 ein Personen-Halteplatz vorgesehen ist. Bei Trübenbrunn, welches links der Bahn bleibt, überschreitet die Bahn einen Hohlweg mittelst einer Durchfahrt, hebt sich in dieser Strecke wieder um ein Geringes und erreicht in der Höhe des Bodens etwas abseits der Straße waagrecht verlaufend die Haltestelle Rupboden (Kilometer 9,7), welche vor dem Orte gleichen Namens nächst der Distriktsstraße geplant ist. Die Bahn tritt nun wieder unmittelbar an die Distriktsstraße heran, überschreitet die von dieser senkrecht abgehenden Straße nach Roßbach, bewegt sich dicht vor dem an der Distriktsstraße bergseitig gelegenen zu Rupboden gehörenden Anwesen vorbei, bleibt auch ferner unter geringen verlorenen Steigungen, sonst meist mit der größten Ansteigung von 20 Promille sich hebend, der Distriktsstraße zur Seite, von welcher sie sich nur streckenweise entfernt, um in einigem Abstande von derselben das der Höhenlage des Bahnplanums entsprechenden Gehänge aufzusuchen. Hier-auf fällt die Bahn, die Distriktsstraße kreuzend, zu dem Orte Wernarz herab, welcher thalwärts umgangen wird. In dieser Umgehungsstrecke ist der Halteplatz Wernarz (Kilometer 12,6) eingelegt. Hinter diesem tritt die Bahn wieder an die Straße, lehnt sich an dieselbe meist mit mäßiger Ansteigung an, steigt sodann die Straße wiederum überkreuzend über die kurz vor Bad Brückenau von dem links-seitigen Thalhange herabziehende Bodensenkung zu der Höhe hinter den an die Distriktsstraße angrenzenden Gebäuden des Bades (Kellerbau) an. An dieser Stelle (Kilometer 14,3), gegenüber dem Kellerbaue, welcher sich zur Benützung als Dienst- und Wartegebäude eignet und hierfür seitens der königl. Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt ist, soll die Haltestelle Bad Brückenau angelegt werden. Nachdem diese passiert ist, überschneidet die Bahn nochmals die Distriktsstraße, steigt in dem hier sehr steilen Gehänge zum Fuße der Thalwand herab und verläuft längs desselben in geringer Höhe über der Thalsohle bis zur Endstation Brückenau (Kilometer 17,0), deren Anlage in unmittelbarer Nähe der Stadt und der Ortshauptstraße, sowie längs der Staatsstraße Hammelburg – Brückenau durch die örtlichen Verhältnisse vorgezeichnet ist. …

… An größeren Kunstbauten sind auszuführen eine Brücke über die Sinn mit einer Oeffnung zu 12 und zwei zu 6 Meter Weite nebst einer 9 Meter weiten Fluthbrücke und einer gleichfalls 9 Meter weiten Brücke über den Mühlkanal sämmtlich bei Altengronau, ferner 5 Brücken und Durchfahrten von 4 bis 6 Meter Weite. Wie bereits erwähnt, sind Haltestellen vorgesehen für Altengronau, Zeitlofs, Rupboden, Bad und Stadt Brückenau, von welchen jedoch Altengronau und Brückenau Bad nur ein Sackgeleise erhalten sollen. Personenhalteplätze sind Trübenbrunn, Eckarts und Wernarz zugedacht. Die Endstation wird als Sitz der Betriebsleitung und Ausgangspunkt des Maschinendienstes mit Wohnung für den Betriebsleiter, Lokomotivschuppen mit Werkstätte u.s.w., dann Wassernahmsvorrichtung ausgerüstet.“

In den Ausführungen werden viele Details der zukünftigen Streckenführung beschrieben. Bezüglich der vorgesehenen Halteplätze ergaben sich in den Jahren bis zur Eröffnung noch einige Änderungen. So wird die Station Eckarts zwar als „Personenhaltepunkt“ aufgeführt, jedoch in der Streckenbeschreibung nicht erwähnt. Offensichtlich war die genaue Lage zu diesem Zeitpunkt noch nicht festgelegt. Für die Bahnstation Brückenau Bad glaubte man, eine besonders günstige Regelung mit der Nutzung des „Kellerbaues“ gefunden zu haben. Ein Bahnhofsgebäude war zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen, wurde im Hinblick auf den erwarteten Kurgastverkehr, insbesondere aus repräsentativen Gründen dann aber doch errichtet. Überhaupt nicht erwähnt ist der spätere Haltepunkt Sinnthalhof.

Mit stärkerem Güteraufkommen rechnete man offenbar an den Bahnhöfen in Zeitlofs und Rupboden, da hier größere Gleisanlagen geplant waren, während in Brückenau Bad und im preußischen Altengronau ein einfaches Ladegleis genügen sollte. Die übrigen Stationen waren (mit Ausnahme der Endstation Brückenau Stadt) auf Güterumschlag nicht eingerichtet.

Von der Gesamtstrecke lagen 4,6 km auf preußischem und 12,4 km auf bayerischem Gebiet. Als Baukosten hatte man 853.000 Mark veranschlagt (50.170 Mark/km), wovon 56.800 vom Bezirk Brückenau in Form der Grunderwerbung zu tragen waren. Von preußischer Seite wurden keine Mittel zur Verfügung gestellt, sodass die restlichen 796.000 Mark vom bayerischen Staat finanziert wurden.

An Einnahmen rechnete man mit 36.600 Mark jährlich, denen Ausgaben von 34.000 Mark gegenüberstanden.

Durch den Weiterbau bis Wildflecken erhöhte sich die Streckenlänge ab 1908 auf 30,869 Kilometer bis zum Endpunkt. Hierbei wurden neben dem Halteplatz Brückenau Ost die Ortschaften Römershag, Oberriedenberg, Oberbach und Wildflecken an die Bahn angeschlossen. 30 Jahre später begann der Ausbau der umfangreichen Bahnanlagen in Wildflecken, die sich bis zum Fuße des Arnsberges und des Kreuzberges im heutigen Oberwildflecken erstreckten. Bereits unmittelbar nach dem Kriegsende wurden die Gleisanlagen mehr und mehr reduziert. Das Ende dieser Entwicklung ist noch nicht erreicht. Es kann jedoch auch leicht das Ende der gesamten Strecke Jossa – Wildflecken bedeuten.

Werkverkehr Oberwildflecken

Die Fortführung der Bahnstrecke ab Wildflecken zum heutigen Oberwildflecken wurde 1938 begonnen und bereits zum Kriegsbeginn in wesentlichen Teilen in Betrieb genommen. Die Teilstrecke zum Arnsberg führte zu umfangreichen Depots und Speicheranlagen der Wehrmacht, während am Fuße des Kreuzbergs eine Munitionsanstalt (MUNA) eingerichtet wurde. Am 20. September 1940 war für beide Anlagen Richtfest und ab 1. Oktober 1942 wurden sie als „Heeresgutsbezirk“ geführt. Bis zum Ende des Krieges hatten die Gleisanlagen eine Länge von ca. 38 km. Die von Wildflecken eintreffenden Transportzüge wurden zunächst an einen „Übergabebahnhof“ geschoben und dort von zwei wehrmachtseigenen Dieselloks übernommen.

Anschließend wurden die Waggons in das weitverzweigte Gleissystem zu den einzelnen Fabrikationshallen verteilt. Für die Lokomotiven waren am Arnsberg und in der MUNA je ein Lokschuppen vorhanden.

Kurz nach Kriegsende wurde ein großer Teil der Gleisanlage für jugoslawische Reparationsforderungen demontiert. Der vollständige Abbau wurde von der amerikanischen Besatzungsmacht verhindert, doch war das Streckennetz bereits auf etwa 13 km geschrumpft. Das Gelände des Heeresgutsbezirkes wurde am 8. Mai 1947 von der „Rhönplanung GmbH Brückenau“ zunächst übernommen und am 20. April 1949 schließlich an die Bundesfinanzverwaltung Nürnberg abgegeben.

Bis in die 50er Jahre waren neben einer Anzahl Lok-Tender auch mehrere französische Eisenbahn-Geschütze abgestellt, die von den deutschen Truppen in Frankreich 1940 erbeutet worden waren.

Personen- und Güterverkehr Oberwildflecken

Die Einführung des Personenverkehrs auf der Strecke Wildflecken – Oberwildflecken erfolgte 1947 durch die „Rhönplanung GmbH“, um den Transport der Arbeiter für die neu angesiedelten Produktionsfirmen (insbesondere Firma Siemens & Schuckert) im ehemaligen „Heeresgutsbezirk“ sicherzustellen. Aufgrund der noch ungeklärten Eigentumsverhältnisse und des von der Bahn verlangten Betriebszuschusses endeten die Fahrten jedoch bereits zum 8. Juni 1948. Die Wiederaufnahme des Personenverkehrs begann dann durch die Bundesvermögensverwaltung zum 2. Oktober 1949. Zunächst wurden vier Zugpaare zum Kreuzberg und Arnsberg, – ab Anfang der 50er Jahre nur noch zum Kreuzberg – eingesetzt. An Sonntagen verkehrten je zwei Züge. Zusätzlich fuhren im Winter häufig Ski-Sonderzüge den Bahnhof an.

Eine Besonderheit war, dass werktags nur ansässige Bewohner, deren Besucher und die in Oberwildflecken beschäftigten Personen zur Mitfahrt berechtigt waren!

Eine wirtschaftliche Bedienung der Strecke war auf Dauer nicht möglich. Dies führte letztlich dazu, dass am 31. Dezember 1963 der Schienen-Personenverkehr eingestellt und durch Busverkehr ersetzt wurde.

Fahrausweise konnten am Bahnhof Oberwildflecken bei einem Beschäftigten der Bundesvermögensverwaltung (Albert Gruner) oder am Schalter des Bahnhofs Wildflecken gekauft werden (hier jedoch nur Einzelkarten für die Bergfahrt).

Fahrpreise von 1956/57:

Erwachsene:0,30 DM
Kinder:0,20 DM
Wochenkarte:1,75 DM
Monatskarte:4,00 DM
4-Tage Wochenkarte:1,20 DM
3-Tage Wochenkarte:1,00 DM

Im Bereich des Anschlusses „Arnsberg“ wurden die vorhandenen Weizenspeicher (Boden- und Zellenspeicher) ab 15. August 1950 wieder verwendet. Den Rest des Geländes nutzte fortan die US-Armee für eine Benzinabfüllanlage und ein Depot. Während für den Weizenspeicher zuletzt 1976 ein Transport erfolgte, nutzte die US-Armee den Anschluss noch bis zu ihrem Abzug aus Wildflecken. Am 17. März 1994 wurden letztmals sieben Waggons transportiert. Ab 1. August 1995 übernahm die Bundeswehrverwaltung den Anschluss, um ihn nach grundlegenden Umbauarbeiten für das neu zu errichtende Bekleidungsamt Süd in Betrieb zu nehmen.

Die nicht mehr genutzten Fertigungshallen in der ehem. MUNA zogen nach dem 2. Weltkrieg zahlreiche kleine und einige mittlere Betriebe an. Der vorhandene Gleisanschluss bot sich für den Gütertransport an. In den folgenden Jahren jedoch verließ ein Teil dieser Firmen den Standort wieder (z.B. Siemens-Schuckert)

Bis in die 70er Jahre hatten folgende Firmen einen Gleisanschluss:

Avalon, Inh. R. Neugebauer (Kittherstellung): etwa ein Waggon/Monat bis 1977
Karl Wenzel (chem. Produkte): etwa ein Waggon/Jahr bis 1975
Hagelstange (Kistenfabrik)
Holdmann & Co (chem. Produkte)
Paul & Co (Hülsenfabrikation): seit 1949 zeitweise über 400 Waggons/Monat

Seit den 80er Jahren ist nur noch die Papierhülsenfabrik „Paul & Co“ als Betreiber des Gleisanschlusses vorhanden.

Die Eisenbahnfreunde Sinntalbahn

Zum Jahresbeginn 2000 hatten einige Eisenbahnfreunde im und um den Altlandkreis Bad Brückenau herum die „Interessengemeinschaft Sinntalbahn“ gegründet. Das Hauptziel der Gruppe war zunächst der Erhalt der 1891 eröffneten und 1908 erweiterten Nebenstrecke Jossa – Wildflecken. Ziel war ferner die Schaffung einer Plattform zur Information und Förderung von Eisenbahn-Aktivitäten im Bereich des gesamten Sinntales sowohl für interessierte Privatpersonen als auch für die Gemeinden. Neben Veröffentlichungen zu historischen und aktuellen Themen rund um die Sinntalbahn stand zu dieser Zeit besonders noch die Förderung möglicher Betreiber von Sonderfahrten im Vordergrund. Nicht zuletzt sollte auch gegenüber den Verantwortlichen der DB AG ein Signal gegeben werden, dass man dem Erhalt der Strecke vor Ort auch weiterhin eine hohe Priorität einräumt.

Inzwischen müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass zum einen die Streckenstilllegung im April 2005 erfolgte und sich die Region ganz offensichtlich mit dem Verlust der Sinntalbahn abgefunden hat. Unser neues Ziel kann daher zunächst nur sein, den Erhalt der Trasse zu fordern und den Abbau der Gleisanlagen zu verzögern. Wir können hierbei allerdings kaum noch mit Unterstützung der Anliegergemeinden rechnen, da diese inzwischen andere Planungen verfolgen.

Seit Dezember 2016 werden die Gleise der Sinntalbahn abgebaut – ein trauriges Ende dieses „Kapitels“.

Ergänzung 2025: Die Sinntalbahn ist seit vielen Jahren Geschichte. Die ehemalige Trasse wurde zum Radweg umfunktioniert.

zusammengestellt im Jahr 2000 von Heinz Leitsch, mit freundlicher Unterstützung von Jürgen Lieb / Eisenbahnfreunde Sinntalbahn